Unter dem Label «Smile Events» bringt Reto Mösching mehr Comedy ins Saanenland. Als erste Veranstaltung stand das Duo «Klischee» auf dem Programm und sorgte mit Episoden aus dem typischen Schweizer Beziehungsalltag für beste Unterhaltung.

SARA TRAILOVIC
Klischees aus der Beziehungskiste sind eng mit Rollenbildern von Mann und Frau verknüpft. Alles Stereotypen? Darüber lässt sich streiten. Das Publikum erkannte sich auf jeden Fall in vielen Situationen wieder und lachte herzlich über die Pointen und damit immer auch ein wenig über sich selbst.

Der ganz normale Wahnsinn
Das Programm «Doppelzimmer» fängt mit dem ganz normalen Wahnsinn im Alltag von Linda und Raphael an.

«Raphi, soll ich meine Haare schneiden?» Auf Fragen dieser Art gibt es zwar richtige Antworten, der typische Mann verfehlt diese nur leider in 99 Prozent der Fälle. Linda hingegen treibt ihren Mann mit ihrem übermässigen Schuhkonsum und dem neuen Spleen für gesunde Ernährung zum Wahnsinn. Daraufhin stimmt das Paar den Bio-Song aus der Coop-Werbung an – sie aus Überzeugung, er zur sarkastischen Verarbeitung seines Leidens. «Unsere einzige Gemeinsamkeit ist, dass wir uns am selben Tag kennengelernt haben», meint Raphael nach einer Weile. So kann es auf jeden Fall nicht weitergehen, da sind sich die beiden einig. Sie wollen «uf u dervo» – abermals unterstrichen von einer mskalischen Einlage. Aber wohin? Raphael macht sich für ein Abenteuer in Südamerika stark, hat aber wie beim Fernsehprogramm nicht wirklich ein Mitspracherecht.

Das Paar endet also auf Mallorca. Das einzige, was schlussendlich an eine Abenteuer-Reise erinnert, ist, dass Raphi (wie immer) nur ein paar Unterhosen dabei hat. «1, 2, 3, 4, 5 Mal wenden und dann reichts für ein paar Wochen.» Nach einer äusserst amüsanten Episode am Flughafen und ein paar wohltuenden Strandtagen versaut Raphael die Ferienstimmung. Sofortige Heimreise. Jetzt gibt es nur noch einen Weg, Linda zu besänftigen. In einem «halsbrecherischen» Manöver bringt Raphael den Müllsack nach draussen und wird zum Ritter der Müllsäcke geschlagen.

Etwas möchte Raphi am Schluss dann noch loswerden, nämlich, dass die grössten «Lölis» immer die schönsten Frauen bekämen. «Das ist das beste Kompliment, das du mir je gemacht hast», antwortet Linda.

Schauspielerische Leistung
Das Duo überzeugte mit Vielfalt und Authentizität. Es wechselte laufend zwischen Stand-up-Comedy, Gesang und Tanz. Mal vertieften sich die beiden in Dialoge, dann sprachen sie das Publikum wieder direkt an und teilten vertrauliche Gedanken. Linda Carmen Deubelweiss und Raphael Oldani aus Villnachern im Kanton Aargau schafften es, das Verhalten von Herr und Frau Schweizer zu verallgemeinern, ohne dabei sexistisch oder oberflächlich zu wirken. Obwohl sie sich in der Klischeekiste austobten und auch Flachwitze ihren Platz im Programm hatten, waren viele Pointen ganz und gar nicht ausgelutscht, sondern einfallsreiche Kreationen aus dem eigenen Humorlabor.

Besonders laut grölte der Saal jeweils, wenn die beiden Comedians verschiedene Identitäten annahmen. Zum Beispiel als Raphael Oldani in die Rolle eines chinesischen Strandverkäufers schlüpfte und Linda mit einer traditionellen Massage «verwöhnte». Oder als das Paar bei der Ferienplanung voller Leidenschaft in einen spanischen Volkstanz verfiel.

Aussicht auf mehr
Das Comedy-Duo «Klischee» tourt momentan mit seinem neusten Programm «#ohneFilter» durch die Schweiz, in dem sie nicht nur Beziehungen, sondern die Gesellschaft im Allgemeinen durchleuchten.

Reto Mösching, Leiter der Organisation «Smile Events», hat die Idee einer Comedy-Serie schon eine Weile mit sich herumgetragen und diese nun in Tat umgesetzt. Er habe Veranstaltungen in der ganzen Schweiz besucht, um passende Darbietungen ins Saanenland zu holen. Weitere humorvolle Events seien bereits in Planung, sagte er auf Anfrage.

Es sei tröstlich zu sehen, dass man nicht alleine sei mit all den Tücken des Beziehungsalltags, meinte eine Zuschauerin. Im Anschluss verliessen die Gäste den Saal des Restaurants Landhaus mit aktivierten Lachmuskeln und einer neuen oder aufgefrischten Devise: die eigenen Beziehungsprobleme mit einer Prise Humor und Selbstironie betrachten und schon sieht alles halb so schlimm aus.

Weitere Fotos unter http://tinyurl.com/yyxwnm2h