Die Brennpunkte bleiben dieselben

  24.09.2019 Saanen, Schönried

Seit Jahrzehnten kämpft Schönried für eine sicherere Ortsdurchfahrt. Einmal mehr liegt der Ball beim Kanton. «Wir müssen mehr Druck machen», forderte Rolf Schwenter, Präsident der Dorforganisation, an den 4. Schönrieder Dorfgesprächen im Wellness- & Spa-Hotel Ermitage.

BLANCA BURRI
An den Schönrieder Dorfgesprächen informiert die Dorforganisation über aktuelle Themen und fühlt den Puls der Bevölkerung. Am vergangenen Donnerstagabend beschäftigten vor allem der Ausbau Hubelstrasse, die Wanderwegverbindung Solsana–Lädeli–Schönried sowie das Verkehrskonzept für die Ortsdurchfahrt Schönried. Dazu gaben Gemeinderätin Therese Mösching und Philipp Becker, Fachleiter Infrastrukturen, Auskunft. Ebenfalls hätte Flurin Riedi, neuer Geschäftsführer von Gstaad Saanenland Tourismus, von seinen Erfahrungen in der Destination erzählen wollen. Da er am selben Tag zum zweiten Mal Vater geworden war, verstanden die rund 40 Anwesenden sehr gut, dass er von der Familie gebraucht wurde und der Versammlung deshalb fernblieb.

«Der Kanton ist überlastet»
Vor zwei Jahren konnte die Bevölkerung an der Mitwirkung Ortsdurchfahrt Schönried teilnehmen. Damals fand auch die letzte Sitzung der Begleitgruppe statt. Inzwischen wurde eine Petition gegen die angedachte 30er-Zone eingereicht. Das sei aber nicht der Grund, weshalb es mit der Planung nicht vorwärtsgehe, sagte Therese Mösching. «2018 war uns eine weitere Sitzung mit der Begleitgruppe zugesichert worden. Der Kanton ist aber überlastet.» Philipp Becker erklärte: «Mit dem Bau der Westtangente in Thun hat der Kanton viele Herausforderungen zu meistern.» Rolf Schwenter entrüstete sich, dass das städtische Gebiet gegenüber dem ländlichen einmal mehr Vorrang habe. Hans Frautschi erinnerte, dass die Planung bereits in den 1990er-Jahren eingeleitet und viele Pläne gezeichnet und bezahlt worden seien. «Wir müssen hartnäckig bleiben und endlich einmal auf den Tisch klopfen.» Die Gemeindevertreter versprachen, dranzubleiben, damit die Ortsdurchfahrt Schönried für Fussgänger bald sicherer und für die Geschäfte und Restaurants attraktiv werde.

Brennpunkt Milchannahmestelle
Dauerbrenner ist die Milchannahmestelle mitten im Dorf. Die Fussgänger müssen entweder die Seite wechseln oder auf die Strasse ausweichen, um während der Annahmezeiten an den Autos mit Anhänger vorbeizukommen. «Es ist lebensgefährlich», rüttelte eine betroffene Mutter auf. Gerade in der dunkeln Jahreszeit sei es dort extrem gefährlich. Aus Sicherheitsgründen begleite sie ihr Kind jeden Tag in die Schule. Alle Verkehrsteilnehmer seien zur Rücksichtnahme aufgefordert. Um wenigstens die Geschwindigkeit von 50 km/h durchzusetzen, schlug ein Interessierter vor, wie in anderen Dörfern eine permanente Geschwindigkeitskontrolle mit Smiley einzuführen. «Mit einem Smiley werden die Emotionen angesprochen. Dadurch geben sich alle Mühe, die Geschwindigkeit einzuhalten», meinte er. Diesen Ansatz begrüssten auch die Gemeindevertreter. Sie versprachen, ihn weiterzuverfolgen.

Ausbau Hubelstrasse neu konzipieren
Das Bundesgericht ist der Argumentation eines Anwohners gefolgt und hat den Ausbau der Hubelstrasse gestoppt. Es begründet, das Projekt sei überdimensioniert. Trotzdem muss der Ausbau der zu engen Hubelstrasse vorangetrieben werden, sind sich die Schönrieder wie auch die Gemeinde einig. «Für die Anwohner, die Landwirtschaft aber auch für die Gäste der Ferienhäuser in diesem Gebiet muss es verkehrstechnische Verbesserungen geben», forderte Rolf Schwenter. Therese Mösching verlieh dem Anliegen Gewicht: «Die Brücken sind zu schmal und die Ausweichstellen zu klein, davon gibt es im Übrigen zu wenige». Deshalb habe die Gemeinde die Submission für ein neues Vorprojekt lanciert. Damit die Anwohner dieses Mal mitreden, statt das Projekt zu blockieren, gibt es ein Mitwirkungsverfahren. In diesem Projekt werden die Fussgängerführung, die Kreuzungen und die Ausweichstellen besonders in den Fokus gerückt. Als Sofortmassnahme schlug der Dorforganisationspräsident vor, im Winter einen Wanderwegabschnitt entlang dem Gräbli zu präparieren und so den Fussgängern eine sichere Alternative zu bieten.

Never Ending Story
Nur rund 300 Meter Wegnetz fehlen und schon wäre der Wanderweg von Rougemont bis Schönried komplett, führte Rolf Schwenter in das seit Jahrzehnten diskutierte Thema Wanderwegverbindung Solsana–Lädeli–Schönried. Da der angedachte Pfad durch ein Wildruhegebiet führt und zudem von einer Anwohnerin lange Zeit blockiert worden war, konnte er nicht realisiert werden, informierte Therese Mösching. «Inzwischen hat sich das Problem mit der Anwohnerin gelöst. Zudem hat die Gemeinde das Wegstück in den Wanderwegrichtplan aufgenommen. Das verleiht dem Projekt mehr Gewicht», hielt die Gemeinderätin fest. Trotzdem könne nicht gesagt werden, wann alle Anspruchsgruppen dem Projekt zustimmen würden. «Grösster Knackpunkt ist im Moment das Gesamtkonzept Rellerli», zeigte Philipp Becker auf. Es komme darauf an, welche Wege vom Tourismus nicht mehr beansprucht würden und somit bezüglich Wildruhegebiet als Verhandlungsmasse mit dem Kanton in die Waage gelegt werden könnten. Johny Wyssmüller, Vorstand Dorforganisation, machte keine grosse Hoffnung auf eine schnelle Umsetzung. Er erinnerte sich an eine Begehung von vor 15 Jahren, bei der es um dieselben Themen ging. Seither sei nicht viel erreicht worden. «Die Gemeinde und die Behörden müssen mehr Druck ausüben», forderte er.

Neue Bikeroute für Schönried
«In Schönried haben wir mit Eigeninitiative immer viel erreicht», sagte Hans Frautschi zum Thema Biken. Für dieses Jahr konzipierte und lancierte er im Rahmen der Challenges von Swissrent eine in Schönried. Sie findet kommendes Wochenende im Gebiet Rellerli statt. «Vielleicht sind wir mit der Beschilderung unwissentlich zu schnell vorgegangen, inzwischen stehen wir mit der Gemeinde aber in einem guten Austausch», liess sich Frautschi in die Karten blicken.

Biken bleibt ein heisses Eisen. Johny Wyssmüller zeigte einmal mehr auf, dass das Saanenland im Vergleich zu anderen Destinationen erst am Anfang der Entwicklung steht. «Wir behandeln die Biker im Moment so wie damals die Snowboarder, als die Sportart neu aufkam. Damals forderten viele, die Skipisten für sie zu sperren.» Nach Auffassung Wyssmüllers ist ein friedliches Nebeneinander von Bikern und Wanderern nämlich jederzeit möglich, das hätten andere Regionen bewiesen. Man müsse einfach Rücksicht nehmen.

Wyssmüller informierte, dass der ebenfalls seit Jahren in Planung stehende Flow Trail beim Horneggli auf gutem Wege sei. «Wir haben die Unterschriften von allen Landeigentümern», freute er sich. Damit könne eine von vier geplanten Wegstrecken umgesetzt werden, für die anderen drei seien noch nicht alle Unterschriften zusammengekommen. Der nächste Schritt sei die Überbauungsordnung. Das heisse, dass es schon noch ein bisschen Geduld brauche, bis der erste Erlebnisbikeweg für die ganze Familie umgesetzt werden könne.

Die Stimmung an den 4. Schönrieder Dorfgesprächen war konzentriert und doch humorvoll. Rolf Schwenter führte mit Leichtigkeit durch die zwei Stunden dauernde Diskussion. Seine Forderungen artikulierte er mit Humor und gab sich zuweilen auch selbstkritisch.


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