«Doktorspiele» im Hotel Landhaus

  26.11.2019 Kultur, Event, Saanen

Fabian Unteregger brachte die Gäste in Saanen dazu, sich gegenseitig zu massieren und testete Politiker und Banker als Hausärzte.

SARA TRAILOVIC
«Als Zürcher habe ich das Glück, dass ich mir überall die Sympathien von Grund auf neu aufbauen darf.» Fabian Unteregger, Arzt und Stand-up-Comedian, trat am Samstagabend mit seinem Programm «Doktorspiele» im Hotel Landhaus in Saanen auf und es gelang ihm innerhalb weniger Minuten, das Publikum im fast ausverkauften Saal für sich zu gewinnen.

Das Publikum labte sich am Samstagabend an zahlreichen Stimmparodien, die manchen auch aus der Sendung «Zum Glück ist Freitag» auf SRF 3 bekannt waren. Darunter waren Imitationen von alt Bundesrat Moritz Leuenberger, Roger Federer und Roger Schawinsky.

Haarscharfe Stimmparodien
«Haben Sie schon einmal darauf geachtet, wie Piloten sprechen? Pausen, Gurgeln, Atmen, Glucksen…» Unteregger begann Geräusche von sich zu geben und machte Bordansagen. Das Thema Flugreisen zog sich weiter. Da sich gewisse Swiss-Piloten mit 55 pensionieren liessen, steht Unteregger dem Spendenaufruf für das SOS-Kinderdorf an Bord eher skeptisch gegenüber. Er sehe sein Geld eher ins «SOS-Pilotendorf auf Mallorca» fliessen.

In der Zugabe musste sich das Publikum spontan drei unpolitische Stichworte ausdenken. «Zickenkrieg!»… «Saanengeiss!» … «Schneemangel!», rief es aus den vollen Sitzreihen. Fabian Unteregger verschwand kurz hinter der Bühne und kam als Christoph Blocher zurück. Mit hervorgestreckter Unterlippe begann er die Erste-August-Rede: «Liebe Frauen und Mannen, Zickenkrieg! Ich muss Ihnen sagen, das hört nicht einfach auf!»

Draht zum Publikum
Gleich zu Beginn nahm er Kontakt zum Publikum auf und fing spontan an, Fä- den zu spannen, die sich durch den ganzen Abend zogen. «Haben Sie eine Metzgerei hier?», fragte er. «X», sagte ein Zuschauer. Der Comedian wunderte sich: «Dann haben Sie hier auch Bäcker ‹Y› und Coiffeur ‹Z›?» Dass die Metzgerei tatsächlich «16i» oder auch «Seize» heisst und der hiesige Fussballklub vom Namen her auch eine Joghurtmarke sein könnte, beruhigte den Zürcher nicht wirklich. Nach einigen solchen Diskussionen war Unteregger ziemlich am Ende: «Ist hier überhaupt irgendwas normal?»

«Doktorspiele»
Immer wenn eine Lautsprecherstimme «Prominente im Test als Hausarzt» sagte und die Scheinwerfer sich auf den Stuhl im Zentrum der Bühne richteten, konnte sich das Publikum auf weitere Parodiekunst freuen. Fabian Unteregger imitierte jeweils einen Prominenten als Arzt und antwortete gleichzeitig als Patient oder Patientin.

UBS-Konzernchef Oswald Grübel als Hausarzt: «Möchten Sie kurz oder lange krank sein?» – «Kurz natürlich.» – «Davon möchte ich Ihnen abraten. Wir haben auf kurze Genesung sehr hohe Gebühren.» Auch andere Parodierte wie SVP-Politiker Christoph Mörgeli, Chansonnier Stefan Eicher und Weltwochen-Chefredaktor Roger Köppel nahmen im Verlauf des Abends auf dem Stuhl Platz.

«Acht von zehn Diagnosen werden im Gespräch gestellt, ohne Geräte», informierte Fabian Unteregger. «Ich wünschte, ich könnte Ihnen erzählen, wer alles in meine Praxis kommt, aber leider gilt ja Schweigepflicht.» Wenn alle Untersuchungen nichts brächten und der Arzt trotzdem eine Diagnose stellen müsse, dann sei das Leiden eben «ideopathisch». Weitere schöne Begriffe: «Miktieren» steht für Urninieren und «Antitussivum» für Hustensaft.

Alltag unter der Lupe
Fabian Unteregger studierte zuerst Lebensmittelwissenschaften an der ETH. Danach beschloss er kurzerhand, ein Medizinstudium inklusive Doktortitel anzuhängen. «Sie denken sich jetzt, was ist das für ein Spinner, der mit 30 anfängt, Medizin zu studieren.» Nun sei es zum Glück so, dass ihn immer alle für jünger hielten, als er ist. Das zeige sich zum Beispiel, wenn die Flight Attendant mit Papier und Stift zu ihm komme und sage: «Schau, hier hat es so Zahlen. Die kannst du miteinander verbinden, dann gibts am Schluss ein Bild.»

«In Zürich Essen bestellen ist für mich der Horror. Das Personal ist immer so hochbeschäftigt und gestresst, ich getraue mich höchstens, ein Biberli zu bestellen. Und das esse ich mit dem Plastik.» Seine Magenwand sei bereits vom Alpabzug der Biberli-Verpackung geschmückt. In anderen Restaurants wiederum bekomme er ungefragt Ravioli aufgetischt – «Gruss aus der Küche». Dabei kenne er doch gar niemanden aus der Küche. «Stellen Sie sich vor, die Pfleger im Spital kommen mit einer Schale Gallenstein ins Zimmer und sagen: «Gruss aus dem OP.»

Der nächste Wahnsinn bietet sich ihm jeweils im vegetarischen Restaurant Hiltl, wo figurbewusste Frauen und frauenbewusste Männer hysterisch um ein Buffet kreisen, wo Veggiegeschnetzeltes und Veggietartar angeboten wird. «Ich gehe auch nicht in die Metzgerei und sage, ich hätte gerne eine Schweinsaubergine und ein Kalbsrüebli. Und wenn es mir schlecht geht, trinke ich auch nicht drei Flaschen Rimuss.»

Gruppenmassage in Saanen
Fabian Unteregger überzeugte am Samstagabend durch wirklichkeitsnahe Imitation von Promis. Folglich sicherte er sich dabei sehr viele Lacher auf Kosten anderer. Einige Pointen waren allerdings ziemlich flach und Unteregger beendete das offizielle Programm mit einer italienische Ballade, deren finales Crescendo fast schon zu dramatisch – wenn auch technisch beeindruckend – war, um für ausgiebige Lacher zu sorgen. Dafür gelang es ihm von Beginn weg, publikumsnahe «Insider-Witze» aufzubauen, die er im Verlauf des Programms immer wieder spontan einzuflechten wusste. Der humorvolle Mediziner konnte die Zuschauer und Zuschauerinnen in Saanen abholen und brachte sie sogar zu einer fröhlichen Gruppenmassage.

Mit Fabian Unteregger hat Reto Mösching von «Smile Events» nach dem Comedy Duo «Klischee» bereits den zweiten Act ins Saanenland geholt und der nächste Termin steht bereits fest. Der australische Stand-up-Comedian, Pantomime oder Tänzer Rob Spence beginnt mit dem Auftritt in Saanen am 22. Februar 2020 seine Best-of-Tour.


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