Girls just wanna … play Icehockey!

  13.12.2019 Sport, Interview, Gstaad, Saanenland, Vereine

Die 14-jährige Melina Reuteler ist als einziges Mädchen ihrer Altersstufe Mitglied im einheimischen Eishockeyklub HC Gstaad-Saanenland. Zudem nimmt sie an Sichtungstrainings mit dem U16-Frauennationalteam West teil. Mit Wille, Kampfgeist und Cleverness behauptet sie sich in der von Buben und Männern dominierten Eishockeywelt.

Wie bist du zum Eishockey gekommen?
Das war recht spontan. Vor fünf Jahren – glaube ich – nahm ich am Swiss Ice Hockey Day in Gstaad teil. Meine ganze Familie ist eishockeybegeistert und nahm mich mit. Mein jüngerer Bruder spielte damals bereits Eishockey und mein Vater ist als Trainer tätig. Es hat mir sehr gefallen und ich wollte ebenfalls mit Eishockey beginnen. Ich konnte dann bei den Piccolo einsteigen und spiele nun bereits seit vier Jahren in einem Team mit.

Was gefällt dir besonders am Eishockeysport?
Man hat ziemlich viele – wie soll ich das beschreiben? – «Freiheiten». Ich meine, beim Geräteturnen zum Beispiel sind die Elemente vorgeschrieben und alle machen das Gleiche. Beim Eishockey kann man sich ausleben. Es gefällt mir, dass es ein Mannschaftssport ist und auch, dass es nicht so viele Mädchen hat (schmunzelt)! Ich trainiere gerne mit den Buben. Es härtet mich ab und ich lerne, aggressiver zu spielen. Gut finde ich auch, dass man Eishockey während des ganzen Jahres trainieren kann, sofern eine Eishalle vorhanden ist.

Fühlst du dich als Mädchen manchmal nicht so ernst genommen? Fraueneishockey wird ja manchmal etwas belächelt.
In meiner Mannschaft gar nicht. Ich habe nicht das Gefühl, dass sie mich schonen, nur weil ich ein Mädchen bin. Es kommt vielleicht vor, dass ein Gegner mich unterschätzt, aber das versuche ich dann auszunützen. Wenn ich in der U16-Girls-Mannschaft spiele, ist es etwas anders. Jungsteams sagen manchmal schon: «Gegen euch würden wir locker gewinnen!» Da bin ich mir nicht so sicher und nehme es nicht allzu ernst.

Bist du im Team gut integriert?
Ja sehr! Ich fühle mich wohl. Manchmal bin ich halt etwas «abseits». Das ist so, weil ich eine separate Dusche habe. So habe ich manchmal das Gefühl, dass ich nicht alles mitbekomme und mir vielleicht Infos fehlen. Meinen Teamkameraden ist es aber egal, dass ich ein Mädchen bin. Ich habe auch kein Problem, mit den Jungs vor einem Spiel in der selben Garderobe zu sitzen für Teambesprechungen usw. Auch im Teambus, wenn wir an Auswärtsspiele fahren, fühle ich mich nicht ausgeschlossen. Ich verstehe mich mit allen gut. Ich will auch keine Spezialbehandlung. Am wichtigsten ist mir, dass meine Leistung anerkannt wird.

Was ist anders beim Fraueneishockey?
Ich empfinde es vor allem an der Bande anders, wenn ich mit dem Girlsteam spiele. Die Jungs sind bei den Spielen meistens ruhig. Bei den Mädchen ist der Teamspirit etwas besser. Wir diskutieren den geleisteten Einsatz, besprechen zusammen, was wir besser machen können, geben uns gegenseitig Tipps. Wir feuern einander auch an und loben eine Mitspielerin, wenn sie gut gespielt hat.

Frauen spielen anders Eishockey als Männer. Taktischer. Vielleicht spielen wir eher mehr Pässe, machen aber weniger Checks. Im Männereishockey geht mehr über den Kampf.

Was sind deine Ziele?
Mein Ziel ist es schon, weiterzukommen. Teil des U18-Frauenteams zu sein, wäre ein nächster Schritt, der aber sehr schwer ist. Somit ist mein erstes Ziel, in der U16-Auswahl zu bleiben. Im nächsten Jahr werde ich wieder Eignungstests machen müssen, um mich dort zu beweisen. Später – vielleicht mit 20 Jahren – möchte ich dann ein Jahr in Schweden verbringen und dort mit einem einheimischen Frauenteam Eishockey spielen. Im Moment hoffe ich auch, dass ich im nächsten Winter – während meines Welschlandaufenthaltes – in der Frauenmannschaft in Lausanne spielen kann.

HC GSTAAD-SAANENLAND/ANJA MOOSMANN


U16 WOMENS NATIONAL TEAM WEST

Die U16-Auswahl West ist ein Zusammenzug von Mädchen aus verschiedenen Eishockeyklubs der Region West (Welschland, Wallis, Region Bern/Thun/Interlaken).

Je ein weiteres Auswahlteam wird in den Regionen Ost und Zentral gebildet. Jedes Mädchen, welches in einem Schweizer Eishockeyklub spielt, wird zu einem Konditionstest und zu einem Eistraining eingeladen. Jährlich nehmen in der Region West ca. 70 Mädchen an diesen Tests teil. Nachdem die Auswahl getroffen ist, finden pro Saison ca. fünf Mittwochnachmittags-Trainings statt. Die West-Auswahl trifft sich jeweils in Vallorbe. Die Spielerinnen haben die Möglichkeit, während einer Saison für bis zu sechs Turniere aufgeboten zu werden. Die bereits in der Auswahl stehenden Mädchen müssen jedes Jahr erneut die Tests absolvieren und sich in der Auswahl bestätigen.

Im Gegensatz zu den Buben ist es für Mädchen einfacher, in eines der Nationalteams aufgenommen zu werden, da schweizweit im Vergleich viel weniger Mädchen den Eishockeysport ausüben.


ZUR PERSON

Melina Reuteler ist 14 Jahre alt und wohnt mit ihren Eltern und ihrem drei Jahre jüngeren Bruder in Gstaad. Sie besucht die 9. Sekundarklasse im OSZ Ebnit. Ab Sommer 2020 wird sie ein Welschlandjahr in der Nähe von Lausanne absolvieren. Melina spielt als linke Stürmerin im U15-A-Team beim HC Gstaad-Saanenland sowie beim U16 Women’s National Team West. Ihre Lieblingsspieler sind Alina Müller (Northeastern University, USA, und Schweizer Frauennationalmannschaft) sowie Thomas Rüfenacht (SC Bern). Als weitere Hobbys nennt sie Geräteturnen und Sport allgemein.

ANJA MOOSMANN


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