Bundesrat will keine allgemeine Maskenpflicht

  24.04.2020 Coronavirus, Politik, Schweiz

Der Bundesrat lockert in den nächsten Wochen schrittweise die Massnahmen zum Schutz vor dem neuen Coronavirus. Er sieht dazu keine allgemeine Maskentragpflicht vor. Abstand halten und Händewaschen bleiben die wirkungsvollsten Schutzmassnahmen. Das sehen die Empfehlungen des Bundesamts für Gesundheit vor.

«Gesunde Personen brauchen im öffentlichen Raum weiterhin keine Masken zu tragen. Die bisherigen Verhaltensregeln zum Abstandhalten und zur Hygiene stehen nach wie vor im Zentrum der Massnahmen zum Schutz vor dem Coronavirus», schreibt der Bundesrat in einer Medienmitteilung. Wie bisher gelte: «Zu Hause bleiben, insbesondere kranke Personen.»

Branchen müssen Schutzkonzepte erarbeiten
Die schrittweise Lockerung der Massnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus wird mit Schutzkonzepten begleitet. «Diese müssen von den Branchen selber erarbeitet werden und können das Tragen einer Maske empfehlen oder vorsehen.» Alle Betriebe und Organisatoren von Veranstaltungen müssten ein Schutzkonzept haben, das sich entweder auf ein Branchenkonzept oder auf die Vorgaben des BAG und des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) abstütze. «Die Kantone sind zuständig dafür, vor Ort die Einhaltung der Schutzkonzepte zu überprüfen.»

Maske ja, aber nicht zwingend
Die Hygienemaske schütze primär die anderen Menschen und nur in geringem Mass die Person, die sie trage. Deshalb komme die Maske nur ergänzend zu den Distanz- und Hygieneregeln zum Einsatz. Damit folge das Bundesamt für Gesundheit den Empfehlungen des Europäischen Zentrums für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC).

«Ab dem Moment, wo wir in die Öffnungsphase kommen – und damit beginnen wir am Montag – muss man dort, wo die Hygiene- und Abstandsregeln nicht eingehalten werden können, zusätzliche Massnahmen ergreifen. Und in dem Fall spielen Masken offensichtlich eine Rolle», erklärte Bundesrat Alain Berset. In Trams und Zügen sollen in Stosszeiten Hygienemasken getragen werden, rät das Bundesamt für Gesundheit. Von selbst gemachten Textilmasken raten die Behörden hingegen ab.

Atemschutzmasken (FFP2, FFP3) seien weiterhin vorwiegend für medizinisches Personal vorgesehen.

Masken kaufen beim Grossverteiler
«Für die Beschaffung von Masken sind das Gesundheitswesen, Unternehmen und Privathaushalte grundsätzlich selber verantwortlich», halten die Behörden fest. Der Bund stehe mit Detailhändlern in Kontakt, damit diese die Versorgung des Landes mit Masken in den kommenden Wochen sicherstellen und schrittweise ausbauen können. «Im Sinne einer Anschubversorgung liefert die Armeeapotheke ab nächster Woche, während zwei Wochen, täglich eine Million Hygienemasken an führende Detailhändler», erklärte Bundesrätin Viola Amherd.

Sortiment im Detailhandel bleibt beschränkt
Der Bundesrat hat zudem entschieden, dass die bestehenden Sortimentsbeschränkungen in Lebensmittelläden weiterhin gelten. Er kommt damit auf seinen Entscheid vom 16. April zurück, die Sortimentsbeschränkungen etwas zu lockern. Eigentlich hätten ab dem 27. April neben Gütern des täglichen Bedarfs auch weitere Güter verkauft werden dürfen, «wenn sie sich auf der Verkaufsfläche der Lebensmittelläden befinden». Dieser Entscheid habe viele Fragen aufgeworfen, unter anderem in der Umsetzung bei grossen Detailhändlern und in der Ungleichbehandlung gegenüber den Fachgeschäften.

Die Sortimentsbeschränkungen gelten bis mindestens am 11. Mai, wenn alle Läden im Detailhandel öffnen dürfen.

Wahleingriffe in Spitälern
Weiter hat der Bundesrat nach Absprache mit den Kantonen die Frage der Einschränkung von medizinisch nicht dringenden Behandlungen und Untersuchungen in Spitälern geregelt. Am 16. April hatte er ein entsprechendes nationales Verbot per 27. April aufgehoben und den Spitälern erlaubt, sogenannte Wahleingriffe durchzuführen. Die Kantone seien weiterhin verpflichtet, ausreichende stationäre Kapazitäten zur Behandlung namentlich von Patientinnen und Patienten mit Covid-19-Erkrankungen sicherzustellen. «Sie können neu Wahleingriffe selber einschränken und wie bis anhin öffentliche und private Spitäler zur Bereitstellung ihrer Kapazitäten verpflichten», heisst es in der Medienmitteilung.

Den Kanton Tessin hat der Bundesrat aufgrund der epidemiologischen Situation ermächtigt, die Einschränkungen von Wirtschaftsbranchen bis am 3. Mai 2020 zu verlängern.

Weitere Lockerungen möglich
Gehen die Fallzahlen weiter zurück, sind gemäss Bundesrat Alain Berset weitere Lockerungen möglich. Der Gesundheitsminister stellte an der Medienkonferenz beschränkte Lockerungen im Tourismus, in der Gastronomie, im Kulturbetrieb und im Sport in Aussicht. Entscheidend sei, dass es funktioniere, so Berset. «Wir möchten eine Lockerung organisieren, die sich gesundheitspolitisch verantworten lässt.»

Druck auf den Bundesrat kommt vom Gewerbeverband sowie einer Mehrheit der Wirtschaftskommission des Nationalrates. Sie verlangen vom Bundesrat, dass die schrittweisen Lockerungen der Massnahmen viel schneller vonstatten gehen als vorgesehen. Berset zeigte sich gesprächsbereit, warnte aber in Richtung Parlament: «Was wir jetzt tun, ist auch mit einer sehr grossen Verantwortung verbunden. Was wir versuchen zu tun, ist eine Lockerung so schnell wie möglich zu erlauben, aber so langsam wie notwendig.»

Lockerungen bei den Sportaktivitäten ab Anfang Mai?
«Es soll ermöglicht werden, dass Sportaktivitäten, bei denen Körperkontakt vermieden und die Hygienevorschriften sowie das Social Distancing eingehalten werden können, bereits ab Anfang Mai stattfinden können», orientierte Sportministerin Viola Amherd. Tennisspieler könnten zum Beispiel von der Lockerung profitieren, hingegen müssen sich Mannschaftssportler wie Fussballer weiter in Geduld üben.

PD/ANITA MOSER


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