Christliche Hip-Hop-Szene

  25.06.2021 Gstaad, Kirche

Provokanter Streetdance versus harmonische Gottesdienste letzten Sommer erweiterte die reformierte Kirchgemeinde Saanen-Gsteig ihr Freizeitangebot um einen Hip-Hop-Kurs.

SOPHIA GRASSER
Alle zwei Wochen besucht Gabriel Friderich, Tanzlehrer am HipHop Center Bern, die Kirchgemeinde Saanen-Gsteig und begeistert Kinder und Jugendliche für den rhythmischen Tanzsport. Trotz oder gerade wegen aller Unverbindlichkeiten – kostenfrei und ohne Anmeldung – etablierte sich über die Monate hinweg eine Gruppe von circa acht jungen Tänzerinnen und Tänzern, die das Angebot nicht mehr missen möchten.

Hip-Hop mit positiven Werten
Das HipHop Center Bern ist einer Hip-Hop-Crew mit christlichem Hintergrund zu verdanken. Im Rahmen der Konfirmation bot die Tanzgruppe Kurse an, die grossen Anklang fanden. Um das Hobby nach der gottesdienstlichen Feier nicht aufgeben zu müssen, suchte man nach Räumlichkeiten – und rief das HipHop Center ins Leben. Doch hier schwingen nicht nur Geistliche das Tanzbein. «Uns ist egal, ob oder welchen Glauben unsere Tänzer vertreten. Wir stehen schlicht und einfach für die Werte der Kirche ein», erklärt Gabriel Friderich. Entgegen seinem Ruf achtet dieser Hip-Hop die Menschenwürde und lehnt Gewalt und Drogen ab. «Wir bejahen das Leben», fasst der Tanzlehrer zusammen.

Eine neue Art von Jugendgottesdienst
Darüber hinaus lassen sich Hip-Hop und Kirche ideal in einem Gottesdienst vereinen. Ähnliche Events gibt es bereits. Daniel Burri, Organisator des Kurses, wünscht sich diese Anlässe jedoch auch ausserhalb von Konfirmation und Religionsunterricht. Das HipHop Center feiert bereits zweimal jährlich einen solchen Hip-Hop-Gottesdienst, den die Kinder und Jugendlichen von A bis Z mitgestalten: Sie moderieren, dekorieren und führen Tanzbeiträge oder Sketches auf. Kirchenlieder werden durch Hip-Hop-Songs ersetzt. «Manche Lieder haben einen Bezug zum Glauben, andere spiegeln die Gedanken und Emotionen unserer Tänzer wider», erläutert Friderich.

Pure Begeisterung
Jung und Alt sind eingeladen, den Hip-Hop-Kurs im Kirchgemeindehaus zu besuchen. «Die Altersgrenze ist offen. Zu Beginn des Kurses war ich skeptisch», gesteht Burri, «doch es funktioniert sehr gut.»

Gleicher Meinung sind auch vier junge Teilnehmerinnen. Die zehnjährige Kiara und ihre Freundin Simone besuchen den Kurs seit einem halben Jahr. «Als wir gesehen haben, dass hauptsächlich Teenager tanzen, waren wir uns ein bisschen unsicher. Aber das war überhaupt kein Problem – es macht grossen Spass!», äussert die Primarschülerin ihre Freude. Um gemeinsam den Altersdurchschnitt zu heben, schloss sich vor wenigen Wochen eine weitere Klassenkameradin an. «Ich wurde toll aufgenommen. Es hat sich angefühlt, als wäre ich schon seit Ewigkeiten dabei», beschreibt das Gruppenmitglied. «Das Stretching ist zwar nicht mein Lieblingspart, aber das Tanzen gefällt mir dafür umso besser», ergänzt sie nach dem Aufwärmprogramm. Grossen Gefallen haben die Primarschülerinnen auch am Tanzlehrer. «Er ist wirklich cool und erlaubt uns alles – also meistens.» – «Und er kommt extra von Bern nach Gstaad, das ist wirklich nett.»

Auch die 15-jährige Daniela schätzt das Freizeitangebot der Kirchgemeinde. Burri habe sie auf die Idee gebracht, in den Kurs zu schnuppern. «Ich fühle mich hier wohl, da man sich gegenseitig motiviert. Es ist nicht schlimm, wenn man einen Fehler macht. Und als wir unsere Gefühle tänzerisch ausdrücken sollten, war ich richtig in meinem Element», erzählt die leidenschaftliche Tänzerin.


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