Zufallsentdeckung von Waldrapp in Grund

  31.08.2021 Saanen, Gstaad, Saanenland, Natur

Regula Hauswirth hat einen äusserst seltenen Vogel, einen Waldrapp, entdeckt. Wild lebende Waldrappe galten in Europa bis vor Kurzem als ausgestorben.

BLANCA BURRI
Den Waldrapp entdeckte Regula Hauswirth bei einem Ausritt am 22. August. Die Tierärztin stieg vom Pferd, um den Vogel genauer zu betrachten, den sie zuvor noch nie gesehen hatte. Rote, faltige Backen, langer Sichelschnabel, kahler Kopf und lustig abstehende Federn am Hinterkopf. Das schwarze Federkleid schimmert bordeauxrot und fasangrün. Der hühnergrosse Waldrapp stocherte im Boden nach Würmern und nach Insektenlarven.

Als Regula Hauswirth später mit ihrem Lebenspartner Hannes Schlögelhofer zurückkam, war sie erstaunt, dass der Waldrapp noch immer dort war. Sie fotografierten ihn aus angemessener Distanz. Dass der Waldrapp besendert war, bemerkten sie erst später, weil der Sender vom Federkleid kaschiert wurde. Bei ihren Recherchen erfuhren sie, dass der Waldrapp Akuma heisst und 2018 im Tierpark Rosegg in Kärnten geschlüpft ist.

Waldrapp galt in Europa als ausgestorben
Der Waldrapp ist ein schmackhafter Speisevogel, was ihm Anfang des 17. Jahrhunderts zum Verhängnis wurde. Jäger, Sammler und Trophäenjäger plünderten Nester, stahlen Jungtiere für Zoos und erlegten die erwachsene Tiere für den Speiseplan und für die Tierpräparation. Der Wildbestand in Westeuropa starb aus. In Tierparks und Zoos wurde der Schopfibis, wie er früher genannt wurde, weiter gehalten. Heute leben in Marokko und in der Türkei einige Kolonien der Ibisart, die jedoch das Zugverhalten abgelegt haben und standorttreu sind. Seit 2013 fördert die europäische Union die Wiederansiedlung des Waldrapps im Projekt «Reason for Hope». In vier Gebieten in Deutschland und Österreich brüten die Waldrappe. Die Jungvögel werden anschliessend in ein Trainingscamp gebracht, wo sie von menschlichen Ersatzeltern aufgezogen und an ein Ultraleichtfluggerät gewöhnt werden. Ende August fliegen Pilot und Ziehmutter mit ihnen ins Winterquartier in der Toskana, in die WWF Oasi Laguna di Orbetello. In fünf Tagen bis zwei Wochen überwinden sie die Alpen, fliegen über die Poebene und den Apennin rund 1000 Kilometer in den Süden. Die Kälte im Norden würde dem Waldrapp nichts anhaben, doch die Futtersuche erschwert sich durch die gefrorenen Böden im Winter erheblich.

Akuma wuchs am Bodensee auf
Auf der App Animal Tracker kann der Standort von Akuma verfolgt werden. Dort ist zu erfahren, dass Akuma einer von 307 besenderter Waldrappen ist. Der dreijährige Akuma wurde in Überlingen am Bodensee aufgezogen. Im selben Jahr flog er im Rahmen der menschengeführten Migration ins Wintergebiet der WWF Oasi Laguna di Orbetello. Erst zwei Jahre später flog er erstmals wieder über die Alpen in den Norden. Inzwischen hat Akuma das Saanenland via Bulle und Romont verlassen.

Im alten Ägypten
Der Waldrapp, damals Ach genannt, galt im alten Ägypten als Lichtbringer und Verkörperung des menschlichen Geistes, mit dem die Menschen nach dem Tod in den Himmel fahren würden. Er fand Eingang in die Hieroglyphenschrift. Im Islam galt er als Glücksbringer.

Quelle:www.waldrapp.eu App: Animal Tracker


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