Kommunikation als Schlüssel zum reanimierten Nachtleben?

  19.11.2021 Saanen, Gesellschaft, Saanenland

Ideen für das Wiederbeleben des Nachtlebens sollten der Kern der Informationsveranstaltung am letzten Montag sein. Die Problematik bleibt schwierig, aber nicht unlösbar.

JENNY STERCHI
«Um vorwärtszukommen, bringt es nichts, in alten Zeiten zu schwelgen.» Mit dieser Haltung betraten die meisten im Publikum den Landhaussaal und auch die referierenden Gemeinderäte sahen dies als Ausgangspunkt für die Wiederbelebung des in den letzten Jahren zunehmend verkümmernden Nachtlebens in und um Gstaad. Und doch wurde eingangs an einige der legendären Nachtlokale, darunter die Grotte und das Chesery, im Saanenland erinnert.

Wer braucht das Nachtleben?
Die Fragen, die Petra Schläppi, Gemeinderätin von Saanen und verantwortlich für das Ressort Soziales, zu Beginn des Anlasses aufwarf, setzten das Nachtleben in verschiedene Kontexte. Wer hatte sich vorher Gedanken dazu gemacht, ob ein intaktes Angebot im Nachtleben Einfluss auf Zu- und Abwanderung hat? Ob die Region diesbezüglich als lebenswert wahrgenommen wird? Ob der Jugend eine Perspektive geboten wird und damit gleichzeitig ein Angebot für Einheimische, Arbeitnehmer und Touristen kreiert wird? Die Antworten darauf sollte jeder für sich selbst finden. Eines war klar: «Mit einer ‹pfannenfertigen› Lösung des Problems werden wir heute Abend hier nicht herausgehen», begrenzte Petra Schläppi die Zielstellung des Infoanlasses.

Gesetzlicher Rahmen
David Schmid, Mitglied im Gemeinderat und zuständig für den Bereich Sicherheit, erläuterte die Sicherheitsmassnahmen für Gastrobetriebe und Nachtlokale so kurz es eben ging. Das Ortspolizeireglement und das kantonale Gastgewerbegesetz geben den Rahmen sowohl für das Betreiben kontinuierlich geführter Lokale als auch die einmalige Durchführung eines nächtlichen Anlasses vor. Die Bewilligungen aller Art werden in enger Zusammenarbeit mit dem Regierungsstatthalteramt erteilt.

Auch bauliche Massnahmen, die von der Gemeinderätin Patricia Matti näher erläutert wurden, bedürfen einer genauen und vorausschauenden Planung (siehe Kasten).

Gemeinde Saanen bietet Hand
Nathanael Perreten, der als Gemeinderat dem Ressort Finanzen vorsteht, erklärte mögliche Finanzhilfen für Initianten eines Angebotes im Bereich Nachtleben. Dabei wurde deutlich, dass es der Gemeinde Saanen ein Anliegen ist, eine möglichst transparente und unkomplizierte Unterstützung zu bieten. Dies wurde in der anschliessenden Fragerunde der rund 50 Besucher nochmals aufgegriffen. «Ich befürchte, dass diese Formularvielfalt den potenziellen Initianten die Motivation rauben könnte.», gab einer der Anwesenden zu bedenken. Die Vertreter der Gemeinde Saanen versicherten an dieser Stelle, hilfreich zur Seite zu stehen.

Im Zusammenhang mit dem kümmerlichen Nachtleben im Saanenland kam auch die Frage nach dem abgeschafften Nachtbus auf. «Die Frequenzen und die Nachfrage waren am Ende so gering, dass das Angebot nicht mehr aufrechterhalten werden konnte», lautete die Erklärung vonseiten der Gemeinde Saanen. David Schmid erklärte jedoch im weiteren Verlauf, dass die Entwicklung und Nutzung zukünftiger Angebote des Nachtlebens sicher nicht am Nachtbus scheitern sollte und die Gemeinde dort Hand bieten werde.

Barbara Kernen, die als neutrale Moderatorin mutig, bestimmt und nicht zuletzt mit Witz durch den Abend führte, brachte die Stimmen aus dem Publikum zum jeweiligen Empfänger und liess genügend Raum für Erklärungen und Stellungnahmen. Auch wenn diese nicht immer zufriedenstellend erschienen.

Ohne Kommunikation geht gar nichts
«Kommunikation ist das Zauberwort», so lassen sich mehrere Wortmeldungen aus dem Publikum zusammenfassen. Ein effizienter Austausch zwischen den Gastronomen in Gstaad ermögliche eine Terminkoordination verschiedener Angebote, war ein anwesender Gastwirt überzeugt und erhielt allseits Zustimmung. Der Hinweis auf den Veranstaltungskalender von Gstaad Saanenland Tourismus stiess nicht gerade auf ungetrübte Gegenliebe. Das Medium erschien gemäss verschiedener Stimmen aus dem Publikum nicht als das Geeignetste. Der Zugriff auf Plattformen der sozialen Medien seien dank deren Kurzfristigkeit heute attraktiver für Jugendliche und junge Erwachsene. Und Mittelfristig wohl auch für die übrigen «Nachtschwärmer».

«Liefere statt lafere»
Aus den Hinweisen aus dem Publikum, dass bereits vor vier Jahren eine solche Veranstaltung stattgefunden habe, war eine gewisse Resignation und Verdrossenheit zu hören. Man habe bereits damals gute Ideen gesammelt und sei hoch motiviert aus der Veranstaltung gegangen. Und dann sei einfach nichts passiert. Der angestrebte Austausch habe nicht stattgefunden. Um einer erneuten Nullrunde vorzubeugen, wurde vorgeschlagen, Interessen- oder Projektgruppen zu gründen. Aufgerufen seien die, die am Montagabend anwesend waren, denn sie haben die Ideen oder sind bereits Initianten verschiedener Angebote. Nachdem die Veranstaltung offiziell beendet war, gestaltete sich der Austausch zwischen den Zuhörerinnen und Zuhörern erfreulich rege und dorfübergreifend. Nachtleben braucht es für Gsteiger und Schönrieder genauso wie für Gstaader und Saaner.

Die Präsentation der Gemeinde Saanen kann unter www.saanen.ch/night-life eingesehen werden.


WUSSTEN SIE, DASS …

– Gastrobetriebe die Möglichkeit haben, 24 Gesuche für eine Überzeitbewilligung (für Anlässe bis 3.30 Uhr) zu stellen?
– das Regierungsstatthalteramt die Bewilligungsinstanz ist?
– aber in jedem Fall die Gemeinde Saanen die Antragstellerin ist und somit alle Gesuche an sie gerichtet werden müssen?
– die Gemeinde Saanen die Höhe der finanziellen Unterstützung verschiedener Anlässe mit dem EPI-Score (Event Performance Index), einer eigens dafür vorgesehenen Formel, ermittelt?
– es für die Umnutzung bestehender Räume in einen Gastrobetrieb (Nachtlokal etc.) zwingend eine Baubewilligung braucht?
– es bisher keine Gesetzesgrundlage gibt, um einen Liegenschaftseigentümer zur weiterführenden oder neuen Nutzung seiner Geschäftsund Gewerberäume für gastronomisches Angebot des Nachtlebens zu bewegen?
– es aus bauplanerischer Sicht sowohl feuerpolizeiliche, Lärmimmission reduzierende, sicherheits- und verkehrsrelevante (Parkplätze) sowie behindertengerechte Massnahmen zu beachten gilt?
– sich im Anschluss an die Veranstaltung 18 Leute aus dem Publikum für eine Mitwirkung in einer Projektgruppe gemeldet haben, die am 7. Dezember wieder zusammenkommt und die Reanimation vorantreiben wird?

JENNY STERCHI


Image Title

1/10

Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Haben Sie noch kein Konto? Registrieren Sie sich hier

Ja. Ich benötige ein Abo.

Abo Angebote