Kies aus der Region für die Region

  13.08.2021 Saanenland, Volkswirtschaft, Saanenland, Lauenen

Wann immer nötig, wird Geschiebe aus Bächen entfernt, um Überschwemmungen vorzubeugen. Aktuell geschah dies im Lauibach in Lauenen. Wo wird dieses Material hingebracht?

KEREM S. MAURER
Eine aufmerksame Leserin berichtete dem «Anzeiger von Saanen» von «riesigen Kiesdepots», die derzeit im Rohr in Lauenen aufgetürmt und mit Camions abtransportiert würden. Was ist das für Material, wo kommt es her und wohin wird es gebracht?

Geschiebeentnahme als Hochwasserschutz
Heinz Addor, geschäftsführender Inhaber der Addor AG Tiefbau und Transporte Gstaad, die bis am vergangenen Dienstag während zwei Wochen an besagter Stelle mit ihren Camions im Einsatz war, weiss worum es geht: «Bergbäche bringen im Lauf der Zeit Geschiebe mit sich, welches sich im Bachbett und insbesondere in Bachbiegungen ablagert», erklärt er. Die Geschiebemenge, die ein Bach in seinem Bett ablagert, variiere von Jahr zu Jahr und sei unter anderem von der Niederschlagsmenge respektive von heftigen Gewittern abhängig. Regnet es mehr, führten die Bergbäche mehr Geschiebe zu Tal, Geschiebeablagerungen führten zu Auflandung der Flussbetten, das heisst, die Bachbetten erhöhten sich. Lagere sich zu viel Geschiebe im Bachbett ab, müsse man es wieder entnehmen, damit der Bach, wenn er viel Wasser führt, nicht über seine Ufer trete. Werde einem Bach zu viel entnommen, riskiere man die Ausspülung des Bachbettes und es senkt sich ab.

Da es in jüngster Vergangenheit sehr viel Niederschlag gegeben hat, mussten wir 2019 als Notmassnahme dem Geltenbach beim Lauenensee, der weiter unten Lauibach heisst, Geschiebe entnehmen», erklärt Addor. Bei eingangs erwähnten Arbeiten handelte sich also um normale Unterhaltsarbeiten zum Schutz vor Hochwasser und Überschwemmungen, die allenfalls die unter Naturschutz stehende Schilflandschaft im Rohr zerstören könnten.

Entnahmen sind geregelt
Die Schwellenkoperation, der Oberingenieurkreis 1 Oberland West und der Fischereiaufseher Oberland West entscheiden gemeinsam, wann einem Bach in der Region wie viel Geschiebe entnommen wird. Heinz Addor führt diese Arbeiten in Lauenen aus. Das Geschiebe wird auf einem schon seit 1955 bestehenden Kiesumschlagplatz in unmittelbarer Nähe der Entnahmestellen geführt. Das sind die Kieshaufen, welche die Leserin gesehen hat.

«Wir transportieren das entnommene Kies etwa vierhundert Meter weit. Von dort wird es bei Bedarf auf Baustellen in der Region weitergeführt», erklärt Addor. Diese Vorgehensweise bietet mehrere Vorteile: Zum einen sind es sehr kurze Transportwege und das Kies, welches laut Addor teils von guter Qualität und recht sauber ist, wird vor der Weiterverwendung mit mobilen Anlagen aufbereitet und in unsere Region geliefert und verbaut. Es ist Baumaterialrohstoff aus der Region für die Region.

Beste Lösung für Steuerzahler – und für Fische
Die Geschiebe-Entnahmearbeiten im Rohr unternimmt die Addor AG auf eigene Rechnung. In der grossen Entnahmestelle im Rohr hat die Firma Addor eine Gebühr pro entnommenen Kubikmeter an den Kanton zu entrichten, erklärt der Inhaber. Wenn das Kies später auf Baustellen Verwendung findet, verkauft er es den Baufirmen. Das meiste Kies wird auf unseren eigenen Baustellen verbaut. «Mit dem Erlös aus solchen Kiesverkäufen werden die Entnahmearbeiten abgegolten», so Addor. Er ergänzt, dass dieses System für den Steuerzahler die günstigste Variante darstellt, um das geschützte Hochmoor im Rohr und damit Lauenen und letztlich auch Gstaad vor Überschwemmungen zu schützen.

Übrigens nimmt man bei Geschiebeentnahmen Rücksicht auf die Fische, die in den betroffenen Gewässern leben. Im Falle des Lauibaches wurden die Fische vorgängig elektronisch betäubt und jenem Abschnitt entnommen, der gerade ausgebaggert wird. Die Fische werden oberhalb sowie unterhalb dieser Stelle wieder ins Gewässer entlassen und fühlen sich laut Addor im frisch ausgebaggerten Bachbett mit vielen neuen tiefen Stellen jeweils sehr wohl. Geschiebeentnahmen werden zwingend im Sommer vorgenommen, um die Fische während ihrer Laichzeit im Herbst, wenn solche Eingriffe verboten sind, zu schonen.

 


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