Asiatische Hornisse, Teil 2: Kanton bittet um Mithilfe
13.08.2024 RegionNach dem Interview in der letzten Ausgabe werfen wir einen Blick auf die Tätigkeiten des Kantons. Seit 20 Jahren hält sich die Asiatische Hornisse schon in Europa auf, im letzten Jahr wurde sie erstmals im Kanton Bern gesichtet. Jetzt soll die Ausbreitung nicht nur aktiv ...
Nach dem Interview in der letzten Ausgabe werfen wir einen Blick auf die Tätigkeiten des Kantons. Seit 20 Jahren hält sich die Asiatische Hornisse schon in Europa auf, im letzten Jahr wurde sie erstmals im Kanton Bern gesichtet. Jetzt soll die Ausbreitung nicht nur aktiv dokumentiert, sondern auch eingedämmt werden.
KEREM S. MAURER
«Sie ist eine Gefahr für Bienen, Wildbienen und weitere Insekten sowie für Wein- und Fruchtkulturen», verkündeten die Neobiota-Koordinationsstellen der Kantone Aargau, Bern, beider Basel und Solothurn – kurz Cercle exotique Nordwestschweiz – in einem Schreiben vom Mai dieses Jahres. Als Neobita werden invasive gebietsfremde Arten bezeichnet. Aktuell geht es um die Asiatische Hornisse (Vespa velutina), die aus den Regionen zwischen Afghanistan, Ostchina, Indochina und Indonesien stammt.
>>HIER<< geht es zum ersten Teil.
Sichtungen bei Thun und Les Diablerets
Nachdem die Asiatische Hornisse im Jahr 2004 erstmals in Bordeaux nachgewiesen wurde, breitete sie sich nach Spanien, Italien und Deutschland sowie in andere europäische Länder aus. 2017 wurde sie im Kanton Jura, ab 2019 in Genf, Waadt und Freiburg und seit 2022 in weiteren Kantonen entlang der Jurakette nachgewiesen. «Wir sind vor allem über die rasche Ausbreitung der Asiatischen Hornisse im letzten Jahr erschrocken», sagt Robert Hauswirth, Präsident des Imkervereins Saanenland und Teil des kantonalen Monitorings für Asiatische Hornissen, gegenüber dieser Zeitung. «Die Asiatischen Hornissen, die unserer Region bislang am nächsten gekommen sind, wurden 2023 in Blumenstein, nahe Thun, und in Les Diablerets gesichtet.»
Kaum gefährlicher als heimische Hornissen, aber...
Asiatische Hornissen gehören zur Ordnung der Hautflügler, was bedeutet, dass die Weibchen – Königinnen und Arbeiterinnen – einen Stachel haben, mit dem sie stechen können. Ihr Gift kann, wie jenes der heimischen Hornisse auch, insbesondere für Allergiker:innen gefährlich werden. Ebenfalls dramatisch könnten die Folgen für Wildbienen sein, die – zusammen mit Honigbienen und Wespen – zuoberst auf dem Speiseplan der Asiatischen Hornisse stehen und was ihre Bestände betrifft, ohnehin schon unter Druck sind.
Robert Hauswirth erklärt: «Für die Aufzucht ihrer Larven braucht die Asiatische Hornisse tierische Proteine. Diese holt sie sich von Bienen, Fliegen, Schmetterlingen und Spinnen. Ausserdem entnimmt sie Fleischstückchen von Tierkadavern oder von Grillständen, Imbiss- oder Marktständen.
Adulte Asiatische Hornissen bevorzugen süsse Nahrung und brauchen für ihre Ernährung kein Fleisch mehr.» Um Bienen zu jagen, könne die Asiatische Hornisse ähnlich wie ein Helikopter still in der Luft stehen, auch vor dem Flugloch eines Bienenvolkes, und dort warten bis ihr eine Biene zufliege.
Anja Ebener, Geschäftsleiterin apiservice/Bienengesundheitsdienst Schweiz, ergänzt auf Anfrage, dass häufig beobachtet wird, wie mehrere Asiatische Hornissen gleichzeitig vor den Bienenstöcken jagen. Zwar füttere auch die europäische Hornisse ihre Larven mit tierischen Proteinen, sagt sie, aber: «Die Asiatische Hornisse braucht viel mehr Insekten für die Larvenaufzucht als die einheimische Hornisse, weil ihre Nester um ein Vielfaches grösser sind und sie wesentlich mehr Individuen pro Volk hervorbringt.» Die Asiatische Hornisse werde sich trotz Bekämpfungsmassnahmen weiterverbreiten, ist Ebener überzeugt. Sollte sich die Asiatische Hornisse in grosser Zahl dauerhaft bei uns niederlassen, werde dies über kurz oder lang nicht nur die Honigbienen betreffen, sondern zu einem echten Problem für den Bestand unserer Insekten und die Bestäubung werden. «Wein- und Obstbau werden zusätzlich von den Fressschäden betroffen sein», so Ebener.
Aufruf an die Bevölkerung
«Um die Verbreitung dieser gebietsfremden Art möglichst zu verlangsamen, ist der Kanton Bern auf breite Unterstützung aus der Bevölkerung angewiesen», heisst es in einer E-Mail des Amts für Landwirtschaft und Natur, die Anfang Mai via Gemeinde an die entsprechenden Ansprechpartner verschickt wurde. Die Bevölkerung soll blühende Pflanzen, Wassertränken und Nestbauten beobachten und «verdächtig aussehende Insekten» melden. Robert Hauswirth ist Teil des kantonalen Monitorings, um eine eventuelle Ausbreitung der Asiatischen Hornisse zu dokumentieren. Er sagt: «Wir führen seit April gegen Ende jeden Monats für die Imkervereine Obersimmental und Saanenland im Lehrbienenstand Zweisimmen einen Sensibilisierungs- und Beratungsabend durch.»
Eine Asiatische Hornisse ist ziemlich genau gleich gross wie eine einheimische Hornisse. Das wohl auffälligste Merkmal sind ihre gelben Beine (siehe Bild).
Keine Sichtung im Saanenland
Um die Ausbreitung der Asiatischen Hornisse im Kanton Bern zu dokumentieren, wurden insgesamt 50 Hornissenfallen aufgestellt. Fünf davon stehen im Oberland West, nämlich je eine an der Lenk, in Diemtigen, Krattigen, Frutigen und in Feutersoey. Letztere wird durch Robert Hauswirth selbst betreut. Die Fallen werden regelmässig kontrolliert, und: «Wenn sich Asiatische Hornissen darin befinden, werden diese in Tütchen abgefüllt, tiefgefroren und unter Einhaltung der Kühlkette nach Zollikofen ins Inforama gebracht», hält er fest. Ein Prozedere, das er selbst bislang noch nicht durchführen musste, weil: «Ich habe bis jetzt keine Asiatische Hornisse in meiner Falle gefunden.» Er sei aber bei Weitem nicht der Einzige ohne «Fahndungserfolg». Das Wetter sei bis vor Kurzem nicht unbedingt das bevorzugte Flugwetter Asiatischer Hornissen gewesen, auch diese hätten es lieber warm und trocken, was darauf hindeute, dass die Ausbreitungsgeschwindigkeit im laufenden Jahr geringer ausfalle als im letzten.
Bitte melden Sie verdächtig aussehende Insekten bei der Schweizer Meldeplattform für die Asiatische Hornisse: www.asiatischehornisse.ch (wichtig: Schreibweise ohne Bindestrich!)