Kanton, Spital und Gemeinde Saanen nehmen Stellung
02.02.2024 Gemeinde, RegionDie verschiedenen Personen aus Politik und Wirtschaft sowie die IG Spitalversorgung werfen dem Kanton und der Spital STS AG Gesetzesmissachtung vor. Wir haben bei den Betroffenen nachgefragt und auch bei der Saaner Gemeinderätin Petra Schläppi, wie sie die Situation ...
Die verschiedenen Personen aus Politik und Wirtschaft sowie die IG Spitalversorgung werfen dem Kanton und der Spital STS AG Gesetzesmissachtung vor. Wir haben bei den Betroffenen nachgefragt und auch bei der Saaner Gemeinderätin Petra Schläppi, wie sie die Situation beurteilt.
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Unternehmer, ehemalige Politiker und die IG Spitalversorgung kritisieren die Spital STS AG für ihre angeblichen Pläne zur Schliessung des Spitals Zweisimmen. Sie fordern, dass die Spital STS AG den Betrieb aufrechterhält, bis ein rechtskräftiger Beschwerdeentscheid vorliege. Die Kantonsregierung als Alleinaktionärin solle das Unternehmen in die Pflicht nehmen (siehe Seite 4).
Wir haben bei den Betroffenen nachgefragt. Die Spital STS AG schreibt, es sei keineswegs ihre Absicht, eine vorzeitige Schliessung des Spitals zu provozieren. «Der Abschluss einer geordneten Überführung ist per Herbst 2024 angedacht. Höchste Priorität hat die Sicherstellung der Gesundheitsversorgung der Bevölkerung in der Region sowie der geordnete Übergang vom Spitalbetrieb in das ambulante Gesundheitszentrum», so das Unternehmen. Der politische Prozess werde durch die gestarteten Konzeptarbeiten daher nicht beeinflusst.
Neues Konzept: Ergebnisse bis Frühling 2024
Die Spital STS AG bezieht sich auf den Auftrag der kantonalen Gesundheits-, Sozial- und Integrationsdirektion (GSI), den sie unmittelbar nach den Gemeindeabstimmungen vom 19. November erteilt hat: die Ausarbeitung eines Konzepts für ein ambulantes Zentrum. «Eine Taskforce der STS AG arbeitet mit Hochdruck an der Konzeption. Sie soll im Frühling 2024 finalisiert sein und bildet die Basis für die weiteren Schritte, die gemeinsam mit dem Kanton diskutiert werden sollen», so das Unternehmen.
Weiter nimmt die Spital STS AG Bezug auf die Beschwerde, die noch hängig ist. So schreibt sie: «Ein Zuwarten auf den Entscheid in Bezug auf die Beschwerde – die, im Falle eines Weiterzugs, eventuell Jahre dauern könnte – wäre unverantwortlich gegenüber der Versorgungssicherheit in der Region und auch gegenüber dem Personal.» Es müssten Perspektiven für die Zukunft aufgezeigt werden.
Kanton stimmt Spital STS AG zu
Die Kritiker fordern, dass der Betrieb des Akutspitals Zweisimmen aufrechterhalten werden müsse, bis ein rechtskräftiger Entscheid in Bezug auf die Beschwerde bestehe. Dazu schreibt die GSI auf Anfrage: «Die Gesundheitsversorgung im Simmental/Saanenland ist zu jeder Zeit sichergestellt, auch während der Übergangsphase.» Ob dies bedeutet, dass das Spital die Gesundheitsversorgung sicherstellt oder nicht, lässt die Direktion offen. Wie die Spital STS AG findet auch sie, dass ein Zuwarten unverantwortlich wäre und deshalb ein Konzept für ein ambulantes Gesundheitszentrum erarbeitet werden müsse.
Dass die zukünftige Notfallstation neben einem amublanten Gesundheitszentrum nicht mehr die gleichen Leistungen anbieten kann wie bei einem Spital, scheint schlüssig, da wohl Operationssäle und spezifisches Fachpersonal nicht mehr vorhanden sein dürften. Trotz allem stellt sich die Frage, was die Bevölkerung erwarten darf. Auf Anfrage schreibt die GSI: «Erst nach dem Abschluss der Konzeptarbeiten werden weitere Auskünfte möglich sein.»
Gemeinde Saanen: Massnahmenkatalog an Verantwortliche überreicht
Wie nehmen die Gemeinderäte im Saanenland die aktuelle Situation wahr? Wie haben sie das besagte Treffen wahrgenommen? Auf Anfrage teilen die Gemeinderäte aus Gsteig und Lauenen mit, dass sie zu diesem Zeitpunkt keine Stellungnahme abgeben möchten.
Petra Schläppi, Saaner Gemeinderätin, war gemeinsam mit Gemeindepräsident Toni von Grünigen an der Veranstaltung vom 18. Januar anwesend. Für sie sei das Treffen zufriedenstellend gewesen, sagt Schläppi. «Mir ist bewusst, dass wir vieles verlieren werden, jedoch darum kämpfen müssen, damit wir gemeinsam eine Lösung erarbeiten können.» Sie hätten die Bedürfnisse von unseren Hausärzten, der Spitex, den Altersheimen, der Maternité Alpine, der Alpenruhe sowie der Bergquelle abgeholt, in einem dringend notwendigen Massnahmekatalog zusammengefasst und der Spital STS AG vorgängig zugeschickt. «Die STS AG hat eine Taskforce einberufen und diesen Katalog geprüft. Die meisten Massnahmen wollen sie auch umsetzen», erläutert Schläppi.
Bei der Taskforce seien Fachleute aus Thun involviert, dies sei ihr ein besonderes Anliegen. «Von mir aus könnten es noch mehr aus unserer Region sein, doch ich denke, das können wir mit der STS AG verhandeln.»
Einsatz für 24-Stunden-Notfallbetrieb
Der STS AG sei völlig bewusst, dass über die Beschwerde abschliessend entschieden sein müsse, bevor eine Schliessung des Spitals geplant werde. «Jedoch stehen sie vor fast unzumutbaren Situationen», gibt Schläppi an. Das Unternehmen sei mit Kündigungen konfrontiert. «Das können und dürfen wir niemandem verübeln, wenn er oder sie sich für eine neue Stelle umsieht.» Denn das ganze Personal habe bis heute Unmenschliches geleistet, schon vor der Pandemie. Einige hätten bereits die Schliessung in Saanen miterlebt. «Das geht nicht spurlos an einem vorbei.» Am Ende sei es wichtig, dass gemeinsam eine Lösung erarbeitet werde. «Es ist unabdingbar, dass wir einen 24-Stunden-Notfallbetrieb aufrecht erhalten können. Somit werden unsere Hausärzte entlastet, das ist ein Muss. Der Rettungsdienst muss gewährleistet und ausgebaut werden», betont die Saaner Gemeinderätin.