Lauenen «bewegt»

  23.06.2022 Lauenen, Gemeinde

In Lauenen kommt es vermehrt zu Rutschungen. Vor allem das Tempo überrascht. Die Ursache wird derzeit von Fachstellen abgeklärt. Die Situation ist nicht dramatisch, dennoch ist die Bevölkerung gebeten, Auffälligkeiten den Behörden zu melden.

ANITA MOSER
Rutschungen kennt man in Lauenen schon lange – diesbezüglich lässt sich die Bevölkerung nicht so schnell aus der Ruhe bringen. Die ältere Generation erinnert sich noch gut an die schräge Terrasse, den schiefen Tanzboden des Hotels Geltenhorn in den 1960er-Jahren. Später hat man den Louibach ein erstes Mal mit Betonsperren verbaut – die Rutschungen haben nachgelassen respektive sich verlangsamt. Mit den Jahren wurden die Betonsperren aber massiv beschädigt und man hat den Bach vor ein paar Jahren neu verbaut.

Aber auch im Gebiet Ufem Grabe sind Häuser in den letzten zehn, zwanzig Jahren um 1,2 Meter talwärts gerutscht. «Wenn das Haus als Ganzes gleitet, merkt man nichts», so die Erklärung von Gemeinderat Andreas Reichenbach.

Aufwerfungen innerhalb weniger Tage
Doch seit ein paar Wochen bewegt sich die Erde in einem erschreckenden Tempo und mit sichtbaren Folgen. Die Risse ziehen sich vom Trüttlisberg bis ins Dorf (im Gebiet Fang, Sattel, Brüchli, Chrine rutscht es auch, aber viel langsamer), wie Andreas Reichenbach an einer Begehung zusammen mit Victor Brand, Vizekommandant der örtlichen Feuerwehr, festgestellt hat. Augenfällig waren die Folgen der Rutschungen zuallererst auf dem Geltenhornplatz. Innert weniger Tage zogen sich Risse über den Parkplatz, da und dort gibt es gut sichtbare Aufwerfungen. Aber auch verschiedene Gebäude, Wohnhäuser und Scheunen zwischen Mülibach und Schwarzbach sind betroffen, ebenso die Schönenbodenstrasse.

Die Rutschungen haben auch Folgen für das Wasserkraftwerk der Kraftwerk Lauenen AG, das seit 2014 in Betrieb ist. Aufgrund eines Schadens kann das Wasser nicht turbiniert werden und folglich wurde der Betrieb eingestellt.

Regelmässige Messungen
Die Gemeindebehörde hat Fachstellen beigezogen, um die Situation einzuschätzen und die richtigen Massnahmen zu ergreifen. Aktuell setzen die Behörden auf Beobachtungen und auf Empfehlung von Geologen seit Anfang Mai auf regelmässige Messungen. Insgesamt gibt es fünf Messpunkte. Victor Brand ist zweimal pro Woche für die Messungen unterwegs. «Im Schnitt gibt es eine Differenz von einem Zentimeter pro halbe Woche», so Andreas Reichenbach. Der Gemeinderat ist froh, mit Victor Brand jemanden zu haben, der sich auch privat für das Wetter und für Naturgefahren interessiert. «Sobald das Dispositiv aufgebaut ist, übernimmt eine Fachstelle den Lead», erklärt Reichenbach.

Beobachten und Abnormalitäten melden
Die Behörden sind nicht alarmiert, aber sensibilisiert. «Das Gebiet ist nicht so steil, dass man befürchten muss, dass ein ganzer Hang rutscht», sagt Andreas Reichenbach. Aber es gibt Schäden an Häusern, Strassen und an Infrastrukturen, an Leitungen oder landwirtschaftlichen Einrichtungen beispielsweise. Die Gemeindebehörden empfehlen derzeit, Beobachtungen und Abnormalitäten an Gebäuden und Infrastrukturen der Verwaltung oder dem zuständigen Gemeinderat zu melden.

Ursache noch unklar
Über die Ursachen der massiven Rutschungen gibt es derzeit nur Mutmassungen. «Der vorletzte Winter war relativ nass und schneereich. Möglich, dass die Schneeschmelze dieses Frühjahrs das Fass zum Überlaufen gebracht hat», so Reichenbach. Möglicherweise sind aber auch eine Reihe unglücklicher Zufälle für die Rutschungen verantwortlich. «Wie mir ein Geologe sagte, ist das ganze Gebiet von Adelboden bis Aigle ein Rutschgebiet», so Reichenbach. Man sehe das ja auch an der Strasse zum Col du Pillon. Kaum sei sie geflickt, weise sie schon wieder Schlaglöcher auf. www.lauenen.ch

 


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