Südtirol war Bühne, Gstaad ein Vorzeigemodell
11.04.2025 Kolumne, KolumneDer Terminkalender eines Tourismusdirektors ist selten langweilig – doch gewisse Einträge stechen hervor. Der Besuch des Tourismusforums Alpenregionen vom 31. März bis 2. April in Südtirol war für mich genau ein solcher Moment. Nicht nur, weil ich eingeladen wurde, ...
Der Terminkalender eines Tourismusdirektors ist selten langweilig – doch gewisse Einträge stechen hervor. Der Besuch des Tourismusforums Alpenregionen vom 31. März bis 2. April in Südtirol war für mich genau ein solcher Moment. Nicht nur, weil ich eingeladen wurde, unsere Arbeit in unserer Destination vor internationalem Fachpublikum vorzustellen, sondern auch, weil ich mit einem Koffer voller neuer Gedanken, Eindrücke und Ideen zurückkehrte.
Das Tourismusforum ist eine Plattform, auf der Tourismusorganisationen und Bergbahnen über Entwicklungen, Herausforderungen und zukunftsweisende Lösungen im alpinen Raum diskutieren. Vertreter:innen aus dem Südtirol, Österreich, Deutschland und der Schweiz reisen dafür an. Was mich besonders freut: Die Destination Gstaad wird mittlerweile als eine Region wahrgenommen, die im Destinationsmanagement neue Wege geht. Ich durfte in meinem Vortrag einen Einblick geben, wie wir in unserer Region arbeiten, was uns bewegt – und weshalb wir uns seit einigen Jahren dem Modell der DMO 4.0 (Destinationsmanagementorganisation) verschrieben haben.
Hinter diesem Begriff steht ein ganzheitliches, modernes Verständnis von Tourismusorganisationen – wissenschaftlich fundiert durch Experten wie Hansruedi Müller und Jürg Stettler. Die Grundidee: Eine DMO ist heute weit mehr als eine Marketingorganisation. Sie ist strategische Lenkerin, Lebensraum(mit)gestalterin, Entwicklungsplattform und Kommunikationsdrehscheibe zugleich. Kurz: Eine DMO gestaltet den touristischen Raum in seiner Gesamtheit – für Gäste und Einheimische.
Was abstrakt klingt, ist in unserer täglichen Arbeit sehr konkret: Mit dem Destinationsrat, den Dorforganisationen, unserer Tourismusstrategie, gezielter Kommunikation, Datenmonitoring, Stakeholder-Management und vielem mehr übernehmen wir Verantwortung für eine nachhaltige Entwicklung – sozial, wirtschaftlich und ökologisch. Das bedeutet auch, bei jedem Projekt die Perspektive der Einheimischen mitzudenken. Denn wir sind überzeugt: Nur wenn sich Gäste und Einheimische in unserer Region wohlfühlen, ist unser Tun erfolgreich.
Was ich aus Südtirol mitgenommen habe? Viel! Vor allem aber die Erkenntnis: Wir sind auf einem guten Weg – doch Zurücklehnen ist keine Option. Das Forum hat mir erneut gezeigt, dass viele Regionen mit ähnlichen Herausforderungen und auch mit den Sorgen ihrer Gäste und Einheimischen konfrontiert sind. Themen wie Overtourismus, die Balance zwischen Erlebnis- und Lebensraum oder der Ausbau des Ganzjahrestourismus, um den wertschöpfungsstarken, jedoch immer kürzer werdenden Winter zu kompensieren, beschäftigen uns alle. Und doch gibt es viele kluge, kreative Ansätze – genau deshalb ist dieser Austausch so wertvoll.
Besonders inspirierend war für mich das Interesse an unserer Tourismus Akademie und der engen Zusammenarbeit mit den ehrenamtlich geführten Dorforganisationen – ein Modell, das in dieser Form andernorts kaum bekannt ist, aber auf grosses Echo stiess. Es zeigt: Unsere Offenheit für partizipative Prozesse und die konsequente Integration lokaler Stimmen machen uns nicht nur glaubwürdig, sondern auch zukunftsfähig.
Ich bin überzeugt: Foren wie jenes in Südtirol helfen uns, über den Tellerrand zu blicken. Sie sind für mich Weiterbildung, Benchmark und Motivationsschub in einem. Und sie stärken unsere Position als «First Mover» – als Destination, die nicht nur schöne Bilder verkauft, sondern Verantwortung übernimmt.
FLURIN RIEDI
TOURISMUSDIREKTOR flurin.riedi@gstaad.ch