«Ein Blumenarrangement ist wie ein Gedicht»

  18.01.2010 Hotellerie / Gastronomie, Schönried, Wirtschaft


Ueli Blaser in seinem Atelier (Foto: Nicole Maron)

100 Blumengestecke und -sträusse schmücken die Innenräume des Wellness- und Spa-Hotels Ermitage Golf Schönried jahraus, jahrein. Kreiert werden sie von einem einzigen Mann, Ueli Blaser, der auch für den hoteleigenen Garten und die Festtagsdekorationen zuständig ist. Wenn er seiner Kreativität freien Lauf lassen und «Blumenarrangements wie Gedichte» zaubern kann, fehlt dem Floristen und Gärtner kaum mehr etwas zum höchsten Glück.

 

 

«Nur Hotel-Florist?», wird Ueli Blaser manchmal von Bekannten gefragt. Doch sein Job könnte kaum vielseitiger und abwechsungsreicher sein. Als Gärtner und Florist im Wellness- und Spa-Hotel Ermitage Golf Schönried ist er von A bis Z für alles zuständig, was Blumenschmuck und Dekoration betrifft. In diese Kategorie fallen nicht nur Blumengestecke auf den Restauranttischen und Vasen im Foyer, sondern auch die gesamte Dekoration der Fassaden, die Innendekoration für die Weihnachts- und Silvesterzeit sowie die Betreuung des hoteleigenen Gartens. Und nichts davon wird fertig hergestellt bezogen – jede Blume, jeden Zweig steckt, bindet und schneidet Blaser selber. Alles in allem ist er damit 100-prozentig ausgelastet – und 100-prozentig glücklich. «Das Schönste sind die vielen positiven Rückmeldungen, die ich von Gästen bekomme», schwärmt Blaser. «Gerade bei Stammgästen oder längeren Aufenthalten gehe ich auch gerne auf individuelle Wünsche von Gästen ein. Ein Blumenarrangement ist schliesslich wie ein Gedicht, es bringt eine sehr emotionale Saite in den Menschen zum Klingen.» Die sechs Suiten des Hotels sind alle mit Blumen ausgestattet, und wenn die Gäste Blumen verschenken oder als Mitbringsel mit nach Hause nehmen wollen, erfüllt ihnen Blaser ihre Blütenträume.
Ton in Ton mit Tischtüchern und Vorhängen: Anders als in einem Blumenladen oder in einer Gärtnerei hat Blaser als HotelFlorist freie Hand. «Ich arbeite sehr unabhängig und und kann meiner Kreativität freien Lauf lassen. Den Variationsmöglichkeiten in Farben, Formen und Kombinationen sind fast keine Grenzen gesetzt. So kann ich jedes einzelne Gesteck genau an den entsprechenden Raum und sein Ambiente anpassen – diese Möglichkeit hat man nicht, wenn man in einem Blumenladen arbeitet, denn man weiss nie genau, wie die Wohnung oder das Haus aussieht, in das ein Strauss einmal zu stehen kommt.» Optimale Anpassung bedeutet zum Beispiel, dass die kleinen feinen Tischgestecke im Ermitage-Stübli exakt Ton in Ton mit Tischtüchern und Vorhängen gehalten sind, Blumenherzen an den Wänden dem Stil von deren Marmortönung entsprechen und Bouquets im Empfangsbereich passend zur Einrichtung pompöser, farbiger und kräftiger ausfallen. Dem Stil des Hotels und der ländlichen Umgebung entsprechend verwendet Blaser im Ermitage hauptsächlich einheimische Blumen und bevorzugt eine klassische Präsentationsweise. «Exotische Pflanzen oder ausgefallene, moderne Vasen passen nicht in ein Chalet», erklärt er. «Persönlich ist mir die Harmonie eines Raumes besonders wichtig. Dies drückt sich auch in den Farben und Formen meines Blumenschmuckes aus.» Als Laie ist einem nicht bewusst, wie viele Überlegungen sich hinter so einem Blumengesteck verbergen – man sieht nur, dass es schön ist und passt, aber warum, weiss man oft gar nicht so recht. Wie ein Zauberkünstler verleiht Blaser einem Raum so den letzten Schliff und entlockt dem Gast ein wohliges Aufseufzen.
Damit jederzeit alles perfekt aussieht, muss das ganze Blumensortiment – rund 100 Gestecke und Sträusse – mindestens ein Mal pro Woche ausgewechselt werden. Alle paar Tage macht Blaser Kontrollgänge durch das Hotel, und alles, was nicht mehr den allerbesten Eindruck macht, wird ersetzt. Dazu kommen Arrangements, die eigens für ein Gala-Dinner oder einen Spezialanlass wie Weihnachten hergestellt werden. Eine riesige Ansammlung von grossen weissen Blüten in hohen Vasen steht verloren in einer Ecke von Blasers Atelier – Übrigbleibsel vom Silvesterdinner. «Natürlich verwende ich die Blumen nach Möglichkeit für andere Gestecke weiter, aber immer ist dies auch nicht möglich.» Bezogen werden die Blumen von der Blumenbörse in Thun oder aber aus holländischem oder italienischem Triebhausanbau. Damit sie bei der Auslieferung noch genau so frisch aussehen wie wenn sie geschnitten werden, müssen sie fachmännisch verpackt und mit Wasser versorgt, vor allem aber so schnell wie möglich verschickt werden.
«Der Garten will einen jeden Tag sehen»: Seit elf Jahren ist Ueli Blaser im Ermitage tätig. Ursprünglich aus dem Schwar­zenburgerland, hatte er keine Mühe, sich in der ländlichen Umgebung des Saanenlandes einzuleben. «Die liebliche Gegend spricht mich sehr an – ich fühle mich hier wohl, sowohl privat als auch beruflich.» Das einzige, was ihn manchmal stört, ist, dass er auch an Feiertagen arbeiten muss – dann sogar meist besonders viel. «Aber wenn alles andere stimmt, nimmt man so etwas gerne in Kauf.»
Dass Blaser nicht nur eine Ausbildung als Florist, sondern auch als Gärtner hat, kommt ihm bei seiner Arbeit sehr zu Gute – denn er ist auch für die gesamten Gartenanlagen des Hotels verantwortlich. Während ihn im Winter eher die Innendekorationen auf Trab halten, verbringt er im Sommer einen Grossteil der Zeit draussen. «Der Garten hat einen sozusagen im Griff – er will einen jeden Tag sehen.» Einer der Vorteile am eigenen Garten ist auch, dass Blaser viele der Blumen direkt verwenden kann. «Regionale alpine Blumen passen ohnehin hervorragend hierhin, und auf diese Weise können wir erst noch Kosten sparen.» Das Budget, das ihm zur Verfügung steht, ist dennoch nicht gerade klein. «Blumen haben eben ihren Preis, und wenn man möchte, dass immer alles frisch aussieht, muss man dafür auch etwas einsetzen.»

 


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