Dramatische Geschwisterliebe und andere Köstlichkeiten aus Wagners Werk

  21.08.2018 Gstaad, Kultur, Konzert

Das Gala-Sinfoniekonzert im Festivalzelt von letztem Samstag stand ganz im Zeichen von Richard Wagner. Unter anderem trugen Martina Serafin, Jonas Kaufmann und Falk Struckmann mit dem Gstaad Festival Orchestra eine konzertante Version des ersten Aktes der Oper «Die Walküre» vor.

ÇETIN KÖKSAL
Im ersten Teil des Konzerts bekam das Publikum das Vorspiel zur Oper «Die Meistersinger von Nürnberg», das Vorspiel und «Liebestod» aus der Oper «Tristan und Isolde» und den «Walkürenritt» aus der Oper «Die Walküre» geboten, diesmal unter der Leitung von Chefdirigent Jaap van Zweden. Wer die Gelegenheit genutzt hatte, sich das Abschlusskonzert der Gstaad Conducting Academy von letztem Mittwoch anzuhören, der konnte die unterschiedlichen Interpretationen dieser drei Stücke in kurzem Abstand erleben. Am Mittwoch dirigierten die Studenten und zukünftigen Chefs, am Samstag ihr Lehrer und Mentor Jaap van Zweden. Gespielt haben immer dieselben Musiker des Gstaad Festival Orchestras. Die Grundbedingungen waren also für alle Dirigenten grundsätzlich gleich, was zwangsläufig auf die Frage hinausläuft, wie sich denn nun die Maestro-Interpretation von denjenigen seiner Studenten unterscheidet. Zusammenfassend und etwas vereinfacht könnte man sagen, dass die genau nuanciert und präzis ausgewogen gesetzten Schwerpunkte zu einem harmonischen grossen Ganzen führen. Ein völlig intakter Spannungsbogen vom ersten bis zum letzten Ton, denn die kleinste Über- oder Untertreibung kann jenen unwiderruflich zerstören. Diese fragile Balance können nur grosse, «gereifte» Maestros halten und Jaap van Zweden ist zweifellos einer davon. Seine Studenten überraschten und begeisterten mit vielen schön ausgearbeiteten Details. Um die ideale Balance herauszufinden, bleiben ihnen noch zwei bis drei Jahrzehnte Entwicklungszeit.

Siegmund, Sieglinde und der mächtige Hunding
Im zweiten Teil des Konzertabends erlebten die Zuhörer die Sopranistin Martina Serafin als Sieglinde, den Tenor Jonas Kaufmann als deren Zwillingsbruder Siegmund und Falk Struckmann als Sieglindes Ehemann Hunding im ersten Akt der «Walküre». Zusammen mit dem wiederum sehr überzeugenden Gstaad Festival Orchestra unter der Leitung von Maestro van Zweden sangen sie sich innig, leidenschaftlich, aber auch erzürnt, angstvoll und erleichtert durch die dramatische Handlung. In gewohnter Manier überzeugte der gefeierte Tenor Jonas Kaufmann mit seiner vielseitigen Stimme. Martina Serafin und Falk Struckmann standen ihm in nichts nach und begegneten einander auf Augenhöhe, wobei Falk Struckmanns sonorer Bass besonders schön ins Publikum hinaustrug. Das Gstaad Festival Orchestra durfte schon viel Lobendes über sich lesen und hören und dies völlig zu Recht, wie man unumwunden sagen muss. Es ist einfach ein frischer, präziser, zuverlässiger und qualitativ hochstehender Klangkörper, der immer wieder zu überzeugen vermag. Ein Wermutstropfen auf das musikalische Vergnügen des Konzertabends war die zu hohe Temperatur im ausverkauften Zelt. Manch einer fächerte sich etwas Luft mit dem Programmheft zu, um die Hitze ein wenig erträglicher zu machen. Bedenkt man die an diesem Galaabend besonders stolzen Ticketpreise (Fr. 80.– bis 260.–), dürfte man schon ein angenehmes Raumklima erwarten. Na ja, immerhin waren die Allerwertesten der Besucher nun gut gepolstert …


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