Play@ Gstaad Menuhin Festival ist ein Renner

  10.08.2018 Gstaad, Kultur, Konzert

Seit zehn Jahren studieren Amateurmusiker unter der Leitung von professionellen Stimmführern und vom Dirigenten Kevin Griffiths grosse Werke ein. Ein einzigartiges Erfolgsrezept.

BLANCA BURRI
Die Amateurmusiker trafen am vergangenen Sonntagmittag nach einer Woche intensiver Vorbereitung zum Abschlusskonzert im Festivalzelt ein. Die Ränge waren trotz fabelhaftem Wetter gut besetzt und die Stimmung euphorisch. Angehörige und Interessierte waren gespannt, was der Dirigent Kevin Griffiths und die Stimmführer aus den 87 Amateuren/innen herauskitzeln konnten. Sie wurden nicht enttäuscht. Auf erstaunlich hohem Niveau spielten sie Gioacchino Rossinis Ouvertüre zur Oper «Die Italienerin in Algier». Jean Daetwylers Konzert für Alphorn und Orchester Nr. 1 war ein Hochgenuss. Das Zwiegespräch zwischen Alphorn (Hans Stettler) und dem Orchester beflügelte die Zuhörer und ging unter die Haut. Felix Mendelssohns Sinfonie Nr. 3 a-Moll op. 56 «Schottische» erinnerte erst an Trickfilmmusik, später an einen Naturgarten und zum Schluss an den Einmarsch von Soldaten. Sie kam bei den Zuhörern sehr gut an.

Es macht Spass
Daniel Kellerhals ist der Projektleiter von play@Gstaad Menuhin Festival. Getragen wird die Amateurwoche unter anderen von den Beiträgen der Teilnehmenden, der Gemeinde Saanen, den Festivalfreunden und dem Eidgenössischen Orchesterverband. Der Ursprung liegt beim Austausch zwischen Intendant Christoph Müller und dem Eidgenössichen Orchesterverband. Daniel Kellerhals ist seit dem Beginn von der Partie, erst als Berater und Musiker, heute als künstlerischer Leiter. In dieser Art sind die Amateurwochen einzigartig. Man trifft sich am Montag zur ersten Probe, schon am Sonntag darauf ist jeweils der Auftritt. Play@ gibt den Musikern die Gelegenheit, ein Werk aufzuführen, das sie in ihren eigenen Orchestern aufgrund der Komplexität und den Anforderungen nicht aufführen könnten. Gerne würde Daniel Kellerhals nächstes Jahr mehr Leute aus der Region im Orchester sehen, weil er weiss, dass es hier gute Musiker gibt.


Elias Zumbühl

Neuenkirch, Oboe

«Ich bin zum Orchester gestossen, weil mich ein Musikerfreund darauf aufmerksam gemacht hat. Das Jugendorchester war bereits voll, als ich mich anmeldete, deshalb spielte ich nun bei den Erwachsenen. Der Umgang untereinander und zwischen dem Dirigenten und den Musikern war extrem gut. Die ‹Schottische› war für mich am Herausfordernsten, weil sie technisch anspruchsvoll ist.»


Daniel Kellerhals

Trübbach, Projektleiter

«Mir gefällt es, die Amateurwoche zu organisieren. Amateurmusik ist gesellschaftlich gesehen wichtig und macht den Leuten grosse Freude. Play@ hilft, das Gstaad Menuhin Festival breit abzustützen.»


Anne Marie Bagnoud

Sion, Bratsche

«Ich war das erste Mal dabei und meldete mich an, weil eine Bekannte schon mitgespielt hatte. Es war toll. Die Atmosphäre war einzigartig. Alle waren sehr konzentriert und diszipliniert. Wir haben das Beste gegeben. Wir konnten gut arbeiten und es hat mich weitergebracht. Was ich gelernt habe? Auf einen Chef zu hören und besser zusammenzuspielen. (lacht) Mit dem Konzert war ich sehr zufrieden. Es tut mir weh, wieder nach Hause zu gehen.»


Kevin Griffiths

Zürich, Dirigent

«Der grösste Unterschied zwischen einem Amateur- und Profiorchester ist, dass die Amateure alle einen Job neben dem Musizieren haben. Sie haben eine immense Freude am Zusammenspiel. Die Begeisterung und das Wissen sind sehr hoch. Es braucht zwei ganz unterschiedliche Herangehensweisen. Ein Amateurorchester braucht mehr Zeit, weil wir viele Details anschauen müssen. Ich motiviere und ermuntere sie immer wieder, dass es gut kommt. Nach vier Ausgaben weiss ich inzwischen, was mich erwartet. Was immer ein gutes Gefühl auslöst, ist, wenn das Orchester beginnt zu harmonieren. Das passiert nach etwa vier bis fünf Tagen, wenn die Musik durch das gute Zusammenspiel und das Aufeinander-Hören richtig zur Geltung kommt. Das ist immer ein sehr schöner Moment.»


Hans Schild

Spiez, Violine

«Ich bin bereits zum siebten Mal dabei und play@ gehört zu meinem festen Jahresprogramm. Es ist super, hier zu spielen. Wir können Werke spielen, die wir in unseren Orchestern nicht in Angriff nehmen könnten, weil sie zu schwer sind, zu viel kosten und zu aufwendig sind. Dieses Jahr hat mich Hans Stettler, der Hornist, besonders beeindruckt. Ich kenne ihn seit über 30 Jahren und ich war voller Vorfreude auf die Aufführung von Jean Daetwylers Konzert für Alphorn und Orchester.»


Pierrine Gilgen

Bottmingen, Violine

Es war bereits bei meiner ersten Teilnahme vor einem Jahr ein grosses Erlebnis, Teil eines so grossen Orchesters zu sein. Da ich Stimmführerin im Uniorchester bin, profitiere ich sehr von den professionellen Stimmführern hier. Das inspiriert mich, was ich meinen Mitmusizierenden sagen könnte. Durch einfache Tipps haben diese Profis mir gezeigt, wie schwierige Stellen plötzlich spielbar werden. Einen magischen Moment erlebte ich während der Hauptprobe, als der dritte Satz so gut gelang, dass er mir unter die Haut ging.»


Beat Marmet

Saanen, Administration

«Ich bin für die Anmeldungen verantwortlich und versende Notenmaterial etc. Einmal habe ich von einer Teilnehmerin einen Kuchen erhalten, weil sie keinen Computer hatte und ich ihr deshalb die Noten per Post zusandte. Das war sehr schön.»


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