Acht Themen stehen im Fokus

  06.12.2019 Saanen, Gesellschaft, Politik

Das Projekt «Zukunft Saanen – zäme für ünsi Gmei» ist einen Schritt weiter. Acht Themen haben sich herauskristallisiert, zu diesen sollen nun Ziele definiert und Projekte ausgearbeitet werden. Interessierte können jederzeit noch einsteigen und bei der Ausarbeitung mithelfen.

ANITA MOSER
«Ihre Präsenz zeigt, dass Ihnen nicht egal ist, wohin sich unsere Gemeinde zukünftig entwickelt. Sie möchten mithelfen und Einfluss nehmen», begrüsste Toni von Grünigen die rund 60 Personen am Samstagmorgen im Landhaus. Im Vorfeld der Veranstaltung, zu der die Gemeinde Saanen und das Büro Planval eingeladen hatten, wurden am Alpkäsemarkt, an der Gstaader Messe, via Internet, Instagram oder E-Mail Ideen und Anregungen aus der Bevölkerung zusammengetragen. «Wir haben gesammelt, geschaut und zugehört», erklärte Projektleiter Lorenz Kurtz von Planval. 18 Stellwände zu verschiedenen Themenkreisen wurden mit farbigen Zetteln beklebt: Grün für Positives, Rot für Mängel und Gelb für Ideen. Auch die Schulen wurden in den Prozess einbezogen. «Aus den Schulen sind extrem viele Rückmeldungen gekommen», sagte Toni von Grünigen.

Viel Positives
Hört man sich auf der Strasse, am Stammtisch, unter Jugendlichen um, entsteht oft der Eindruck, dass es schlecht um das Angebot im Saanenland bestellt ist. Dem ist offenbar nicht so. An einigen Stellwänden hatte es auffallend viele grüne Zettel. «Super Lebensqualität», stand da geschrieben oder «Uns geht es gut, wir leben hier im Paradies». Eine Besucherin stimmte dem voll und ganz zu: «Wir jammern auf sehr hohem Niveau.»

Aber das Paradies hat Risse: Rassismus, Zweiklassengeesellschaft, Altersarmut, Ausverkauf der Heimat, teure Läden, wenig Ausgehmöglichkeiten für junge Leute sind nur einige der genannten Beispiele.

An Ideen, Vorschlägen und Wünschen mangelte es nicht. Die gehen von Generationenhäusern über ein Sieben-Meter-Sprungbrett bis zum Fürstentum Saanenland, von besser abgestimmten ÖV-Verbindungen über ein grossartiges Konferenzgebäude oder eine Biogasanlage für Güllenverwertung bis zu mehr Biketrails usw.

Bezahlbarer Wohnraum und Klimaschutz
Fast ausschliesslich rote und gelbe Zettel gab es auf der Stellwand «Bezahlbarer Wohnraum». Nicht ganz überraschend fand auch der Klimaschutz relativ grosse Beachtung. Da wurden etwa die Lichtverschmutzung kritisiert oder der Abfall an den Strassenrändern und Wünsche geäussert nach mehr Recycling-Stationen oder nach einem Naturschutzgebiet.

Acht Themen werden weiterverfolgt
Im Laufe des Morgens wurden acht Themen priorisiert. Diese werden in verschiedenen Arbeitsgruppen, in welche sich die Anwesenden einschreiben konnten, weiterverfolgt und konkretisiert. Es sind dies bezahlbarer Wohnraum, Klimaschutz, Tourismusort/Lebensort, Sport- und Freizeitangebote, Angebote für Jugend, Verkehr, Wohnen und Leben im Alter, Schule und Betreuung.

Exkursion und Workshops
Am 25. Januar 2020 ist eine Exkursion geplant – als Inspiration für die Tätigkeit in den Arbeitsgruppen. «Die Arbeitsgruppen treffen sich am 16. sowie am 30. März 2020 zu zwei Workshops», erklärte Florian Jakob von Planval das weitere Vorgehen. Ziel sei es, dass jede Arbeitsgruppe zu ihrem Entwicklungsschwerpunkt zwei bis drei Entwicklungsziele erarbeite. Diese würden dann am 9. Mai öffentlich vorgestellt und mit allen Interessierten und Anwesenden diskutiert. «So erhalten auch diejenigen die Möglichkeit, sich zu den Entwicklungszielen zu äussern, die nicht in den Arbeitsgruppen mitgewirkt haben.»

Wer sich für die Mitarbeit in einer der Arbeitsgruppen interessiert, kann jederzeit einsteigen, betonte Gemeindepräsident Toni von Grünigen. Anmelden kann man sich direkt bei der Gemeinde oder via Homepage.

Angeregte Gespräche, engagierte junge Leute
Es wurden an diesem Samstagvormittag keine grossen Reden gehalten, aber viele Gespräche untereinander. Und das wurde sehr geschätzt. «Das Zwischenmenschliche, die Gespräche, die ich führen durfte – das ist etwas Kostbares, ein Gewinn», betonte ein Anwesender.

«Wir biken in der Freizeit, unser Ziel ist es, den Bikesport zu fördern», betonten zwei Teenager. «Wir haben uns eingeschrieben, wollen mitarbeiten in der Arbeitsgruppe.» Ein Kollege habe ihn motiviert mitzukommen, erklärte ein 15-Jähriger. Zusammen mit seinem 16-jährigen Kollegen hat er sich für «Angebote für Jugendliche» eingeschrieben. Ihr Anliegen sind Ausgangsmöglichkeiten für ihre Altersgruppe. «Es hat gute und interessante Themen, die auch uns Junge ansprechen und wo wir auch etwas bewirken können», meinte eine junge Frau. «Ich glaube nicht, dass einzelne Themen spezifische Altersgruppen ansprechen, es betrifft doch irgendwie alle.» Ihr gefalle es, sich über verschiedene Themen mit verschiedenen Generationen auszutauschen und zu diskutieren. «Ich bin bin gespannt, was am Schluss herausschaut, wie das Interesse bleibt und ob es wirklich etwas daraus gibt», sagte ihr Kollegin. «Ich hoffe es schon und bin eigentlich zuversichtlich.»

Er finde es gut, wenn man den Fächer weit öffne, meinte ein Mittvierziger. «Die Herausforderung ist es, die Themen zu priorisieren.» Der Anlass an und für sich habe ihm sehr gefallen. «Vielleicht könnte man das spontan wieder machen – nicht alle Jahre, aber vielleicht alle zwei oder alle vier Jahre.» Er habe sich mit Leuten unterhalten, von denen er nicht gewusst habe, dass sie sich schon für irgendein Thema engagierten. «Es sind sicher viele Wünsche da, ob sie umsetzbar oder machbar sind, hängt von verschiedenen Faktoren ab», ergänzte sein etwa gleichaltriger Kollege. Die Anzahl Anwesende sei sicher nicht überwältigend. «Es gibt Luft gegen oben.» Es hätten sich viele Jugendthemen herauskristallisiert, meinte ein weiterer Anwesender. «Man kann immer Forderungen stellen. Wird etwas geboten, sollte man es auch nutzen. Tun ist der erste Schritt zum Erfolg.»

Auch Personen ohne Stimmberechtigung in der Gemeinde Saanen waren aufgefordert, sich einzubringen. Sie sei durch die portugiesische Gemeinschaft auf die Veranstaltung aufmerksam gemacht geworden, sagte ein junge Frau mit Migrationshintergrund. «Es ist wichtig, dass wir sagen, was uns nicht passt und was noch fehlt.» Sie habe mehr junge Leute erwartet oder auch mehr Personen mit Migrationshintergrund. «Aber es gibt auch viele ältere Leute, die sich für junge Leute und deren Anliegen einsetzen.»

Positiv strichen die zwei älteren einheimischen Damen «das Ungezwungene, sich austauschen und sehen können, was schon gemacht worden ist und was noch gemacht werden könnte» heraus. Das Unkomplizierte, die Nähe zu den Behörden, dass man bilateral etwas mitteilen kann und die Durchmischung. «Grün und Klimaschutz hat durchgedrückt», meinte die eine. Sie finde das exotisch für das Saanenland. «Wir jammern auf hohem Niveau, überall, durchs Band», meinte ihre Kollegin. Grundsätzlich sei es eine gute Sache, aber «es ist wie an einer Gemeindeversammlung, ein paar Leute, welche die Richtung bestimmen». Ein Stück weit gebe die Behörde die Verantwortung an die Bevölkerung ab. «Es braucht beides», meinte eine junge Frau. «Jeder muss Verantwortung tragen – sich einsetzen. Man kann nicht immer nur reklamieren.» Ihn störe die geringe Zahl Anwesender nicht, meinte ein weiterer Teilnehmer. «An der Gemeindeversammlung sind es auch nicht mehr.»

Mehr Infos unter www.zukunft-saanen.ch • www.saanen.ch • https://planval.ch


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