Zurückhaltung bei den Physiopatienten

  05.05.2020 Coronavirus, Volkswirtschaft, Saanenland, Schweiz, Gesundheitswesen

Auch in den Physiotherapiepraxen konnte mit dem ersten Lockerungsschritt aus dem Lockdown letzte Woche der Betrieb wieder aufgenommen werden. Die Verunsicherungen bei den Patienten ist deutlich zu spüren.

JENNY STERCHI
Die Infektionszahlen mit dem Sars-CoV- 2-Erreger sinken derzeit in der Schweiz weiter. In den Spitälern sorgt die Aufnahme der nichtdringlichen Eingriffe in den Operationsplan für geregelte Abläufe auf den Stationen und für ein gewisses Mass an Normalität. Sowohl die Mitarbeitendenden als auch die Patienten nehmen dabei die ungewohnten Regeln wie die Notwendigkeit eines PCR-Tests auf das Virus und das Tragen von Schutzmasken gern in Kauf.

Patienten in zwei Kategorien
Auch bei den Physiotherapeutinnen und -therapeuten ist die Freude nicht zu übersehen, endlich wieder Patientenkontakt zu haben. Unter Einhaltung der Abstandsregeln und Hygienevorschriften lassen sich die ersten Patienten seit letzter Woche wieder mobilisieren, massieren oder sonst therapeutisch behandeln. «Patienten mit dringendem Therapiebedarf, wie zum Beispiel die Mobilisation nach Operationen, durften auch während des Lockdowns behandelt werden», erklärt Gabriela Schenk, die als Physiotherapeutin in Saanen eine Praxis hat. Auch Patienten, bei denen der Leidensdruck ohne Behandlung grösser und unter Umständen zu einem operativen Eingriff geführt hätte, gehörten in diese Kategorie. Alle übrigen Patientinnen und Patienten mussten ihre Therapien mit dem Lockdown unterbrechen. Den Therapeutinnen und Therapeuten ging zwischenzeitlich somit ein grosser Teil ihres Arbeitsalltags verloren.

Hygiene als oberstes Gebot
«Während der manuellen Therapie ist die Abstandsregel schlicht nicht einzuhalten», sagt Schenk. «Umso wichtiger ist es, die Hygienemassnahmen sorgfältig umzusetzen.» Dazu gehöre das Händewaschen ebenso wie die regelmässige Desinfektion aller gebrauchten Materialien und der Sitzgelegenheiten wie auch Liegen. Die Verwendung von Schutzmasken versteht sich da beinahe von selbst. «Bis letzte Woche waren wir als Therapeuten und Patienten, die der Risikogruppe angehören, verpflichtet, während der Behandlung eine Schutzmaske zu tragen», weiss Gabriela Schenk zu berichten. «Am Freitag wurde dies dann ergänzt durch die Anweisung, dass jeder Patient und jede Patientin mit einer Maske ausgestattet sein müsse.»

Nachvollziehbare Verunsicherung
Auf die Frage, ob die Terminbücher nun zum Bersten gefüllt seien, antwortet die Therapeutin: «Viele Patienten sind nach wie vor sehr verunsichert und verharren lieber noch in der Abwarteposition. Einige freuen sich, dass es endlich weitergeht mit den Behandlungen.» Ria Kurmann, Physiotherapeutin mit einer Praxis in Gstaad, ist sich sicher, dass das Zögern abnehmen wird: «Im Vergleich zur letzten Woche sind diese Woche schon wieder mehr Termine vergeben.» Gabriela Schenk ist initiativ geworden und hat bei den Patienten, die ihre Therapien seit März aussetzen mussten, telefonisch nachgefragt, wann sie die Behandlungen weiterführen möchten. «Die Gespräche, die sich häufig während der Behandlung ergeben, drehen sich leider zum grössten Teil um das Coronavirus.» Sie gehe davon aus, dass dieses Thema und die Arbeit hinter der Schutzmaske sie noch eine Weile begleiten werden. «Die Gespräche waren mitunter schon sehr wertvoll, sowohl für die Patienten als auch für uns, die Therapeuten», fügt Ria Kurmann noch hinzu.


Image Title

1/10

Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Haben Sie noch kein Konto? Registrieren Sie sich hier

Ja. Ich benötige ein Abo.

Abo Angebote