Königlicher Gesang am Gstaad Menuhin Festival

  23.07.2021 Kultur, Konzert, Musik

Sechs junge Herren aus Grossbritannien versetzten das Publikum in der voll besetzten Kirche in Saanen in Staunen und Entzücken. «The Kings Singers» boten mit dem Konzert «Royal Blood» musikalische Kronjuwelen.

JENNY STERCHI
Als die sechs jungen Herren am vergangenen Dienstag in der Kirche in Saanen mit ihrem Gesang einsetzten, suchte manch einer unter den Zuhörern vergeblich nach der Sängerin, welche die hörbar hohen Töne produzieren musste. Weit gefehlt, denn es war der Countertenor Patrick Dunarchie, der seine Stimme sicher und präzise in ungeahnten Höhen bewegte.

Unglaubliche Stimmen
Und Dunarchie befand sich in bester Gesellschaft. Julian Gregory verzauberte mit einer glasklaren Tenorstimme, die technische Verstärkung vermuten liess. Aber keine Spur von Mogelei, alles war Natur, alles war echt. Mit seiner Ansage, die er zur Begeisterung des Publikums in fehlerfreiem Deutsch ablieferte, liess er die Stabilität seiner Stimme bereits vor dem Gesang aufblitzen. Seine Soli, die er in zwei Stücken präsentierte, verblüfften. Der zweite Countertenor Edward Button stand den beiden in nichts nach. Die beiden Baritone Christopher Bruerton und Nick Ashby füllten den Klang in den tieferen Lagen aus, überzeugten jedoch auch mit ihren Soloeinsätzen. Jonathan Howard schien mit seiner tiefen Bassstimme einen dicken, aber weich gezeichneten Strich unter den Gesang seiner fünf Gesangskollegen zu ziehen. Die Brillanz und Reinheit der Stimmen war faszinierend und berührte.

Geschichte mit Musik erzählt
Im ersten Teil präsentierten sie die Geschichte Englands samt Verehrung der Königinnen und Könige sowie den Einfluss der Reformation auf musikalischem Weg. Chorale Gesänge aus der Feder von William Byrd, Thomas Weelkes, Henry Purcell und Henry VIII. waren zu hören. Auch neuere Musik von Benjamin Britten und das extra arrangierte Werk «The Season of his Mercies» von Rodney Bennett standen auf dem Programm. Im zweiten Teil des Konzerts ging es nicht weniger traditionell zu und her. Aber es wurde greifbarer. Mit dem bekannten «Greensleeves» eröffneten die sechs stimmgewaltigen Herren die Runde der Volkslieder und Close-Harmony-Klassiker. Mit ausgewählten und überaus passenden Gesten bewiesen sie auch noch schauspielerisches Talent und machten die Präsentation vollständig.

Eine legendäre Formation
«The King’s Singers» sind die ultimative A-Capella-Formation, die seit 50 Jahren auf den Bühnen der Welt ihren Goldstandard präsentiert. Es war 1968, als sich sechs Chorschüler des King’s College in Cambridge zusammenfanden, um in der Queen Elizabet Hall in London ein A-Capella-Konzert zu geben. Dies war die Geburtsstunde der «King’s Singers».

Die Herren, die am Dienstagabend in der Kirche in Saanen mit ihrem brillanten Gesang das Publikum verzückten, waren aber im Durchschnitt kaum älter als 30? The King’s Singers werden immer wieder erneuert. Es gibt fliegende Wechsel bei den einzelnen Stimmen. Im Durchschnitt gehören die Sänger der Formation zwischen 20 und 25 Jahre an. Es gab auch schon jene, die beinahe 30 Jahre das Weltniveau der «King’s Singers» aufrechterhielten.

Klar ist, dass es in jeder Generation nicht viele solcher herausragender Gesangstalente gibt, die diesem Anspruch genügen. Und klar ist auch, dass die Stimmenverteilung, die zwei Countertenöre, einen Tenor, zwei Baritone und einen Bass vorsieht, von Beginn an die gleiche war.

www.gstaadmenuhinfestival.ch


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