Festivalauftakt nach Mass

  18.07.2022 Kultur, Kultur, Saanen, Musik

Am Freitag eröffnete Dirigent René Jacobs mit einem fulminanten Programm von Haydn und Mozart die 66. Ausgabe des Gstaad Menuhin Festivals. Der Konzertabend stand im Zeichen der aktuellen Geschehnisse in der Ukraine und dem diesjährigen Festivalmotto «Wien».

KERSTIN BÜTSCHI
Der weltbekannte Dirigent René Jacobs stellte kurzfristig das Programm in Anbetracht der Coronapandemie und des Ukrainekriegs um und trug so den aktuellen Ereignissen Rechnung. So wurden im Sinne des Festivalgründers und Humanisten Yehudi Menuhin die Einnahmen aus dem Kartenverkauf und Beteiligungen an einer Spendenkollekte dem langjährigen Charitypartner SOS Kinderdorf Schweiz gespendet. Das Hilfswerk hat mit dem Verein tipiti Pflegekinder und deren Pflegefamilien aus der Ukraine evakuiert und in den Kinderdörfern in Rehetobel AR und Gilly VD untergebracht. Bilder, welche die Kinder für das Gstaad Menuhin Festival gemalt haben, werden im Festivalzelt Gstaad ausgestellt und die Pflegefamilien von der Festivalleitung an das Kinder- und Familienkonzert im August eingeladen. Alain Kappeler, Geschäftsführer SOS-Kinderdorf Schweiz, zeigte sich dankbar und sagte: «Die Vergangenheit können wir nicht mehr ändern, aber wir schauen mit den Kindern in die Zukunft.»

Dem Weltgeschehen Rechnung tragend
Nach den Grussworten von Pfarrerin Marianne Kellenberger und Aldo Kropf, Verwaltungsratspräsident des Festivals, begann der Konzertabend in der Kirche Saanen mit Joseph Haydns «Missa in tempore belli» (Messe in Zeiten des Krieges). Diese Messe komponierte er im kriegerischen Europa zu Zeiten der Französischen Revolution. Die üppigen Perkussioneinlagen und emotionalen Gesangspassagen gaben die tragische Stimmung von Krieg wieder. Im Anschluss hörte das Publikum Wolfgang Amadeus Mozarts «Requiem» in der Bearbeitung des zeitgenössischen französischen Komponisten Pierre-Henri Dutron. Der Franzose wagte sich mit seiner Interpretation nahe an das Manuskript von Mozart, welcher infolge seines Todes das Werk nicht selbst beenden konnte.

Harmonie pur
Auf der Bühne der Mauritiuskirche harmonierten unter der Leitung des mehrfach für sein Lebenswerk ausgezeichneten Dirigenten René Jacobs der Rias Kammerchor – einer der weltweit führenden Profichöre mit 35 Sängerinnen und Sängern – und das aus 28 Musizierenden bestehende Freiburger Barockorchester. Mit herausragenden Soli überzeugten Sopranistin Brigitte Christensen (Sopran), Sophie Harmsen (Mezzosopran), Maximilian Schmitt (Tenor) und Johannes Weisser (Bass). Christoph Müller, Artistic Director, zeigte sich zufrieden mit der Programmänderung: «Das Konzert war eine würdige Lösung als Reaktion auf das Weltgeschehen und René Jacobs hat den Stücken seine einzigartige Handschrift verpasst.»

Zufriedene Organisation
Der tosende Applaus des Publikums liess auf einen gelungenen Auftakt des diesjährigen Menuhin Festivals schliessen. Aldo Kropf zeigte sich ebenfalls begeistert: «Es ist überwältigend, wie Orchester, Chor und Solisten harmoniert haben, ich bin überaus glücklich über den Start.» Ebenfalls zufrieden zeigte sich Lukas Wittermann, Geschäftsführer des Festivals: «Es stimmt mich äusserst glücklich, wenn ich nach einem solch gelungenen Konzert die Emotionen in den Gesichtern der Menschen sehe.» Diesem Votum schloss sich auch Christoph Müller an: «Es war ein emotionaler Abend mit vielen Wiederbegegnungen.» Denn das Gstaad Menuhin Festival ermögliche nicht nur qualitativ hochstehende Konzerte, sondern auch Begegnungen an den Rahmenanlässen. «Nach einer zweijährigen Durststrecke schätzen alle dieses Zusammenkommen», so Müller.

Abwechslungsreiches Programm
Auch in den kommenden Wochen darf mit einem abwechslungsreichen Programm gerechnet werden. So spielt beispielsweise heute Dienstagabend Daniil Trifonov ein Klavier-Recital in der Kirche Saanen. «Das Motto Wien und die Wiener Klassik ist auf grosses Interesse gestossen», informierte Christoph Müller. Ihm als künstlerischen Leiter sei die Vielfalt wichtig, neben der Klassik hätten auch andere Genres ihren Platz am Gstaad Menuhin Festival. So wird zum Beispiel dieses Jahr Mozart auf Breakdance treffen.

Weitere Informationen zum Programm und Tickets unter www.gstaadmenuhinfestival.ch


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