Aktiv werden gegen die Ohnmacht

  24.03.2022 Gesellschaft, Politik, Schule

Mit einer Spendenaktion, die vom Sammeln bis zur Übergabe vor Ort organisiert wurde, setzten die Schülerinnen und Schüler der John F. Kennedy International School ihr erstes Zeichen.

JENNY STERCHI
Isobel Hyde, Mutter eines Schülers in der John F. Kennedy International School, und ihr Lebenspartner konnten nicht länger einfach nur zusehen, was da im Osten Europas gerade passiert.

Klares Ziel
«Weil wir hier in der Schweiz von allem mehr als genug haben, bat ich in der Schule, bei den anderen Eltern, Freunden und auch bei verschiedenen Geschäften im Saanenland um Unterstützung in einer Spendenaktion», beschreibt die junge Mutter den Start der Hilfsaktion. Die Menschen wurden aufgefordert, Pakete oder Rucksäcke für Mädchen und Jungen verschiedenen Alters zu füllen. Und das liessen sie sich nicht zweimal sagen.

Während ein Geschäft nagelneue Kinderwäsche lieferte, trennten sich private Haushalte von Spielzeug und Kleidern. «Wenn man sieht, dass den Menschen vor der Flucht aus ihrer Heimat kaum Zeit bleibt zu entscheiden, was alles Platz im Gepäck findet, erklärt es, warum viele mit wenig oder nichts in den Flüchtlingsunterkünften ankommen» sagt Hyde deutlich bestürzt, aber sehr entschlossen. «Mit dem Ziel, sich lebend in Sicherheit zu bringen, sind viele zu Fuss unterwegs. Da reicht die Energie gerade, um Kinder und Alte mitzunehmen, aber nicht für Koffer und grosses Gepäck.»

Mit den Rucksäcken könne gezielt den Kindern, aber auch Familien und Grosseltern geholfen werden. Wenn auch nur für den Moment.

Die Schülerinnen und Schüler der John F. Kennedy International School halfen tatkräftig mit beim Verpacken der Waren, darunter auch ehemaliger Besitz von ihnen selbst. Einige der Kinder gingen noch weiter und spendeten ihr gesamtes Taschengeld.

Sehen, wohin die Hilfe kommt
Hydes Lebenspartner ist verbunden mit den Maltesern, einer international tätige Hilfsorganisation, an deren Standort Polen. Er war es auch, der sich in Begleitung eines Kollegen auf den Weg zur ukrainisch-polnische Grenze machte. Ganze 15 Stunden dauerte die Fahrt, unterbrochen von einer kurzen Übernachtungspause. Bei der Vorbereitung der Hilfslieferung wurden sie von einer gebürtigen Polin unterstützt, die heute in der Schweiz lebt und mit Isobel Hyde befreundet ist. «Sie hat alle möglichen Formulierungen, die es auf solch einer Reise brauchen könnte, ins Polnische übersetzt und den Fahrern mitgegeben. Es wird nur sehr wenig Englisch gesprochen in Polen.»

Einen Teil des Geldes, das neben den Sachspenden übergeben wurde, nutzte das Hilfsteam für den Einkauf frischer Lebensmittel vor Ort. «In Polen sind die Supermärkte normal gefüllt, den meisten fehlt aber das Geld, um dort einzukaufen», so Hyde. Haltbare Lebensmittel, medizinische Artikel und Babynahrung wurden bereits in der Schweiz auf den Transporter geladen.

Hyde findet es schwierig und nicht zielführend, den Schülerinnen und Schülern Kriegsbilder zu zeigen. «Mit den Aufnahmen aus den Unterkünfte hingegen sehen sie, dass die Menschen in Sicherheit sind, aber nichts mehr haben. Und dann, so glaube ich, beginnt jedes Kind zu überlegen.»

Es geht weiter
Es sei nur der Auftakt einer umfassenden Spendenaktion gewesen, zeigt sich Isobel Hyde entschlossen. Sie wird einen nächsten Transport organisieren und dafür auf die Menschen im Saanenland zugehen.


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