Aus was besteht das Saanenland?

  14.11.2022 Saanen, Brauchtum, Kultur, Saanen

Dieser Frage ging der Geologe Hans-Jörg Moser in seinem Vortrag am ersten Abesitz dieses Jahres nach. Die Antwort: aus ganz schön viel. Ein kleiner Ausschnitt aus einer Geologielehrstunde.

JOCELYNE PAGE
Wie ein Regenbogen präsentierte sich das Saanenland vergangene Woche auf der Leinwand im Landhaussaal in Saanen. Der Geologe Hans-Jörg Moser aus Spiez, der seit Jahren seine Ferien im Saanenland verbringt, zeigte dem rund 200-köpfigen Publikum eine Grafik, auf der die verschiedenen Erdschichten der Region mit jeweils einer anderen Farbe dargestellt waren. «Im Saanenland reiht sich Element an Element», so der pensionierte Wissenschaftler. Die Region gehört zu den Prealpen – ihre Erdbeschaffenheit wechselt sich ab zwischen hartem und weichem Gestein. Simmen-, Breccien, Klippen oder Niesendecke: Schicht für Schicht reiht sich aneinander oder verläuft in die andere über, «im Detail ist alles sehr kompliziert», betont Moser. Ob hartes Gestein oder Schiefer und Gips: Im Saanenland lässt sich so einiges vorfinden.

Informativ und musikalisch
Mit viel Wissen und einer gesunden Prise Humor unterhielt Hans-Jörg Moser die Gäste des ersten Abesitzes – einer von drei Vorträgen, organisiert durch die Kulturkommission Dorf Saanen und die Musikschule Saanenland-Obersimmental. Für weitere Unterhaltung sorgte das Mutter-Tochter-Violinenduo Valérie und Gaëlle Gretillat aus Château-d’Oex. «Lüpfig» irisch, romantisch, ruhig, dramatisch oder klassisch mit Johann Sebastian Bach: Die Musikerinnen hielten ein Überraschungsrepertoire für jeden Geschmack bereit.

Moser führte das Publikum in die Wissenschaft der Geologie ein und damit durch die verschiedenen Schichten der Erde, von denen man klare Beweise hat oder starke Thesen, denn die tiefste Bohrung sei rund 17 bis 18 Kilometer tief gekommen – bis zum Erdmittelpunkt sind es 6000 Kilometer. «Bis ins Erdinnere zu gelangen, ist wegen der vielen Kräfte und dem enormen Druck, die allesamt gleichzeitig wirken, technisch fast unmöglich.»

Wer sich mit der Geologie befasst, den beschäftigt zwangsläufig auch das Klima. Wetter, Temperaturen, Umweltkatastrophen – sie verändern allesamt die verschiedenen Landschaften. «Anhand der Gletscher sehen wir die Veränderungen durch die Erderwärmung am klarsten», sagte Moser. Die hohen Temperaturen würden auch den Permafrost auflösen – der Untergrund, dessen Temperatur ununterbrochen unter Null Grad liegt und besonders für die Stabilität im Hochgebirge sorgt. Ein Opfer dieser Entwicklung ist beispielsweise die Mutthornhütte zwischen Kandersteg und Stechelberg: 100’000 Kubikmeter Fels drohen am Mutthorn abzustürzen, weshalb die Berghütte vorerst geschlossen bleibt. «Es ist eine Frage der Zeit, bis sich die Felskante löst», sagte Moser. Und wenn sehr, sehr, sehr viel Zeit vergeht, könnte sich unsere Landschaft drastisch verändern, wie der Geologe angab. Er projizierte eine schottische Landschaft auf die Leinwand – hügelig, felsig, am Meer –, zeigte mit dem Finger darauf und sagte: «Vor rund 500 bis 600 Millionen Jahren hat diese Landschaft so ausgesehen, wie unsere.» Eingangs seines Referat sagte er, dass es bei der Geologie immer um Kreisläufe gehe. «Alles beginnt im Gebirge, ein Stein rollt und macht seinen Weg bis ans Meer, bis alles wieder von vorne beginnt.» Im Hinblick auf die Transformierung unserer Landschaft und dem Vergleich mit Schottland schloss er seinen Vortrag mit: «Und so sind wir wieder am Anfang: Vom Gebirge bis ans Meer.»

Kulturkommission freuts
Andreas von Grünigen von der Kulturkommission zeigte sich nach dem ersten Abesitz zufrieden – besonders nach der pandemiebedingten Pause der Vortragsreihe. «Wir haben ein treues Publikum.» Die Herausforderung sei es, alljährlich Referenten für die Abesitza zu gewinnen, denn ihnen sei es auch wichtig, dass die Region im Vordergrund stehe: Sei es durch das Thema, welches das Saanenland betreffe, oder die Person, die selbst aus der Region stamme oder einen Bezug dazu habe. «Denn das interessiert unser Publikum.» Das Programm steht, somit hatte die Kulturkommission Erfolg. «Ich freue mich auf die nächsten Abesitza», sagt von Grünigen begeistert.


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