Ohne Kurs geht im Wald nichts mehr
13.02.2023 , Region, VolkswirtschaftSeit Januar 2017 gilt in der Schweiz eine Kurspflicht für Nicht-Forstwarte, die gegen Bezahlung Holzerntearbeiten ausführen. Wer es während der fünfjährigen Übergangsfrist versäumt hat, diesen Kurs zu besuchen, darf seit Januar 2022 keine Bäume mehr ...
Seit Januar 2017 gilt in der Schweiz eine Kurspflicht für Nicht-Forstwarte, die gegen Bezahlung Holzerntearbeiten ausführen. Wer es während der fünfjährigen Übergangsfrist versäumt hat, diesen Kurs zu besuchen, darf seit Januar 2022 keine Bäume mehr fällen.
KEREM S. MAURER
Forstarbeit bietet im Winter für Landwirte ein willkommenes Zusatzeinkommen. Doch viele von ihnen verfügten bislang über keine entsprechende Ausbildung, obschon die Forstwirtschaft als überdurchschnittlich gefährliche Branche gilt. Laut der Suva passieren jährlich rund 1000 Unfälle bei Arbeiten im Wald, 30 davon endeten in den letzten zehn Jahren tödlich. Per 1. Januar 2017 wurde das Waldgesetz (WaG) entsprechend angepasst (siehe Kasten). Zuständig für die Umsetzung sind die Kantone. Die vom Bundesamt für Umwelt (Bafu) eingesetzte Arbeitsgruppe «Arbeitssicherheit für forstlich ungelernte Personen» empfahl den Kantonen zur Umsetzung zwei fünftägige Kurse. Den ungelernten Forstarbeitern wurde eine fünfjährige Übergangsfrist eingeräumt. Wer es bis Ende 2021 versäumt hat, diese beiden Kurse zu absolvieren, darf seit dem 1. Januar 2022 keine bezahlte Waldarbeit mehr ausführen.
Personalmangel im Forst
Diese neue Praxis führt laut verschiedenen Medien zu Engpässen bei den Forstunternehmern, weil nicht mehr alle Mitarbeiter ihren Job im Wald ausführen dürfen. Kann man die fehlenden Waldarbeiter beziffern? Diese Frage beantwortet Christoph Lüthy, Bereichsleiter Ausbildung und Mitglied der Geschäftsleitung bei Wald Schweiz: «Nein, das ist nicht möglich. Der Unterschied zwischen ausgebildetem Fachpersonal Forstwart EFZ und Personen mit minimaler Ausbildung gemäss WaG Artikel 21a ist sehr gross.»
Verschärft der Kurs die Probleme?
Ein Blick ins Saanenland zeigt, dass hierzulande zwar ein Mangel an Forstarbeitern besteht, dieser aber nicht auf Kursversäumnisse zurückzuführen ist. Hanskurt Hefti, Betriebsleiter und Mitinhaber bei Hefti Holz AG, Gstaad, bestätigt auf Anfrage, dass er im Winter auch Landwirte beschäftigt. «Als bekannt wurde, dass nicht ausgebildete Forstarbeiter einen Kurs benötigen, haben wir unsere Mitarbeiter sofort angemeldet.» Ausfälle hat Hefti wegen der Kurspflicht nicht zu beklagen. «Im Moment sind wir in der glücklichen Lage, genügend ausgebildetes Personal zu haben.» Und Benjamin Mösching, Geschäftsführer von Mösching Forst, Gstaad, ergänzt: «Es herrscht in der Forstwirtschaft ein grosser Personalmangel. Wir haben in diesem Bereich im Saanenland relativ wenig Lehrstellen und viele Lehrabgänger verlassen nach der Ausbildung den Beruf.» Und obschon Mösching versteht, dass die zehntägige Ausbildung wichtig ist, sieht er darin eine Hürde, die Leute davon abhalten könnte, eine Tätigkeit im Forst aufzunehmen.
Was passiert eigentlich, wenn ungelernte Forstarbeiter ohne Kursausweis im Wald arbeiten? Dazu noch einmal Christoph Lüthy von Wald Schweiz: «Möglich, dass in dem Fall die Holzschlagbewilligung oder Anzeichnung vom Förster abgelehnt wird. Und bei schweren Unfällen kann die Versicherung des Verunfallten einen Regress vornehmen.»
Kurse fast ausgebucht
Wer die zehntägige Ausbildung, welche in einen fünftägigen Basis- und einen ebensolangen Weiterführungskurs gegliedert ist, nachholen will, braucht Geduld oder muss flexibel sein. Laut Christoph Lüthy sind viele der Kurse bis Ende 2023 bereits ausgebucht, aber: «Je nach zeitlicher und geografischer Flexibilität besteht die Möglichkeit, die Ausbildung auch kurzfristig nachzuholen.» Die Kosten belaufen sich auf 1100 bis 1500 Franken. «Mit Beteiligung von Bund, Kanton und kantonalem Waldbesitzerverband betragen die Restkosten pro Teilnehmer im Kanton Bern für Personen mit maximalen Beiträgen noch etwa 400 bis 850 Franken», erklärt Lüthy.
Und wer bietet solche Kurse an? «Es gibt neben Wald Schweiz noch mehrere Anbieter solcher Kurse. Damit die vom Bund gesprochenen Beiträge für die Teilnehmenden erwirkt werden können, muss ein Kursanbieter von der Qualitätssicherheitskommission Wald anerkannt sein.»
WALDGESETZ ( WAG)
Artikel 21a: Zur Gewährleistung der Arbeitssicherheit müssen Auftragnehmerinnen und Auftragnehmer, die Holzerntearbeiten im Wald ausführen, nachweisen, dass die eingesetzten Arbeitskräfte einen vom Bund anerkannten Kurs zur Sensibilisierung über die Gefahren von forstlichen Arbeiten besucht haben.
Artikel 30: Die Kantone sorgen für die Ausbildung der Waldarbeiter und die Beratung der Waldeigentümer.