«Zweck des Rubi-Fonds ist es, das vorhandene schöne Kulturgut zu erhalten»
08.06.2023 Brauchtum, Gemeinde, Saanenland, Volkswirtschaft, GesellschaftSeit seiner Gründung vor 44 Jahren hat der Rubi-Fonds 93 Objekte im Saanenland finanziell unterstützt. 2022 wurden die Fassaden des «gelben» Hauses am Spitzhornweg in Saanen und des auf einem Hügel gelegenen Jägerhauses in der Lauenen restauriert. ...
Seit seiner Gründung vor 44 Jahren hat der Rubi-Fonds 93 Objekte im Saanenland finanziell unterstützt. 2022 wurden die Fassaden des «gelben» Hauses am Spitzhornweg in Saanen und des auf einem Hügel gelegenen Jägerhauses in der Lauenen restauriert.
ANITA MOSER
Der Rubi-Fonds wurde 1979 auf Anregung des «Häuserforschers» Christian Rubi gegründet. Bei der Gründung dabei war auch Hedi Donizetti, Gastgeberin im Hotel Olden und erste Gemeinderätin in Saanen. Im Rubi-Fonds vertreten sind die drei Gemeinden Saanen, Lauenen und Gsteig mit je einem Sitz. Präsidiert wird die Kommission von Stephan Jaggi (Vertreter der Gemeinde Saanen), Pascal Bangerter (Gemeinde Lauenen) und Kurt Beetschen (Gemeinde Gsteig). Weitere Mitglieder sind Benz Hauswirth (Archivar, Lokalhistoriker und Fachberatung), Sandra Walker-Reichenbach sowie Kurt Gyger (Finanzen). Gespeist wird der Fonds mit drei Franken pro Einwohner und Jahr – das ergibt jährlich einen Betrag von 27’000 Franken. Bei der Gründung vor 44 Jahren waren es 1.50 Franken pro Einwohner und Jahr.
Zweck des Fonds ist es, das vorhandene schöne Kulturgut zu erhalten: Historisch wertvolle Fassaden werden restauriert, gekerbte und aufgemalte Schriften saniert und wieder lesbar gemacht, Malereien aufgefrischt.
Insgesamt wurden in den vergangenen 44 Jahren 93 Objekte – rund zwei pro Jahr – realisiert. Dafür hat der Fonds bisher 630’000 Franken investiert, durch die Eigentümer und die Denkmalpflege wurden rund 758’000 Franken beigetragen, was ein gesamtes Investitionsvolumen von 1,388 Millionen Franken auslöste. Der Rubi-Fonds übernimmt maximal 75 Prozent der Gesamtkosten, bei Beteiligung der Denkmalpflege einen Drittel. «Die Kommissionsmitglieder arbeiten ehrenamtlich zugunsten der guten Sache», so Stephan Jaggi.
Gesuch an die Kommission
Wer einen finanziellen Beitrag des Rubi-Fonds in Anspruch nehmen will, kann ein Gesuch an die Kommission stellen, auch mündlich. Aber nicht nur Eigentümer können sich an die Kommission wenden. «Wir sind froh um jeden Hinweis», erklärt Stephan Jaggi. «Und wenn uns Kommissionsmitgliedern eine Fassade auffällt, gehen wir aktiv auf die Eigentümer zu.» Die meisten zeigen nach der Kontaktaufnahme Interesse. Die Kommission unterstützt die Eigentümer bis zur Fertigstellung des Projektes. «Wir nehmen mit der Denkmalpflege Kontakt auf und suchen gemeinsam nach einer Lösung», so Jaggi. Die Kommission holt die Offerten ein – vom Gerüstbauer bis zum Restaurator – und entscheidet danach über die finanzielle Beteiligung der involvierten Parteien. Dies sind in der Regel der Rubi-Fonds, die Denkmalpflege und der Eigentümer/ die Eigentümerin. «Der Rubi-Fonds ist eine gute Sache. Dieses und nächstes Jahr werden wir wieder drei Objekte unterstützen», so Jaggi.
Christian Rubi wurde 1899 in Grindelwald als Sohn eines Bauern und Zimmermeisters geboren. Er besuchte nach der obligatorischen Schulzeit das Lehrerseminar in Hofwil und unterrichtete nach seiner Ausbildung an verschiedenen Schulen im Kanton Bern. Er entwickelte ein starkes Interesse am Kulturgut am und im Bauernhaus. 1943 wurde er vom Schuldienst freigestellt, er gestaltete 1944 in der Kunsthalle Bern eine Volkskunstausstellung und trat 1945 seine Tätigkeit an der für ihn geschaffenen Stelle für ländliche Kulturpflege an. Rubi engagierte sich auch im Berner Heimatschutz, 1964 wurde er zu dessen Ehrenmitglied ernannt. Christian Rubi starb am 15. Juli 1990 in Bern.
Quelle: Berner Zeitschrift für Geschichte und Heimatkunde
SANDRA WALKER – DIE AUTODIDAKTIN
Sandra Walker-Reichenbach, Jahrgang 1969, ist in Lauenen aufgewachsen. Nach Abschluss der obligatorischen Schule absolvierte sie im Posthotel Rössli eine Ausbildung zur Servicefachfrau. Die Mutter von mittlerweile zwei erwachsenen Kindern ist vielseitig interessiert und engagiert: Sie führt mit ihrem Mann einen Bauernbetrieb im Grund, arbeitet im Winter in der Apotheke Dr. Kropf. Zudem hat sie sich selbstständig gemacht und hat das Malergeschäft von ihrem Vater übernommen. Seit ein paar Jahren restauriert sie im Auftrag des Rubi-Fonds Schriften und Gemälde an denkmalgeschützten Bauwerken. Das Handwerk dafür hat sie sich selber erarbeitet, respektive das Talent wurde ihr in die Wiege gelegt, denn auch ihr Vater war schon Schriftenmaler. «Ich habe schon als Kind gerne gezeichnet und gemalt», erzählt sie. Sie habe in den vergangenen Jahren von ihrem Vater gelernt und von Fachleuten profitiert. Und sie hegt grosses Interesse an Farben und alten Schriften. «Manchmal ist es schwierig, ein Wort zusammenzusetzen. Für den Buch staben a gibt es etwa fünf Schreibvarianten», erklärt sie. Manchmal sei etwas Ablenkung, ein zeitlicher Abstand, während dem sie sich etwas anderem widme, hilfreich. «Plötzlich kommt dann das Aha- Erlebnis.»
Zum Rubi-Fonds gestossen ist sie auf Empfehlung von Anita Raaflaub, die sich während vieler Jahre engagiert hatte. Die Arbeit macht Sandra Walker Spass. Sie zieht Vergleiche zur Archäologie. «Es braucht das richtige Licht, damit man die Verzierungen und Schriften, die zum Teil vor vielen Jahrzehnten übermalt wurden und nur noch in Fragmenten bestehen, erkennen kann.»
ANITA MOSER