Künstler, Seefahrer, Erfinder

  05.10.2021 Kultur, Volkswirtschaft, Event, Kunst, Klima

Eine wichtige Ausstellung ist in Bern angelaufen. Sie heisst «Im Lauf der Zeit». Sie könnte auch heissen «Eine Reise in die Vergangenheit». H.R., Kunstmaler in Bern, blickt auf 30 Jahre seines Schaffens und Suchens zurück. Mit 100 Bildern! Die man nicht vergisst und die haften bleiben. Mir ging es jedenfalls so

H.R. trainierte zwei Jahre lang mit einem Saaner Sportler und bestritt mit ihm namhafte Wettkämpfe. Wenn Sie jetzt, liebe Leserinnen und Leser, auf einen Skifahrer, Segler oder Schützen tippen, dann liegen Sie falsch. Ich verrate Ihnen den Namen, es ist Harald Reichenbach. Er gehört nicht dem Gstaad Yacht Club an, ist nicht Mitglied der Sportschützen Lauenen oder gar ein naher Verwandter des legendären Ski-Weltmeisters Mike von Grünigen.

Nichts von alledem. Das wundert Sie? Mich auch. Sein Trainingskollege war der Skispringer Hansjörg Sumi. Das überrascht Sie? Mich auch! Zu Anfang war er als Künstler im alten Schulhaus Saanen tätig, dann stellte er in der Galerie Wandelbar aus, die ihm gehörte.

In Bern
Dort entwickelte er seine Kunst weiter und trat mit seinen Werken vermehrt an die Öffentlichkeit. Er wurde beachtet, man sagte: «In diesem Künstler steckt etwas!» Seine Bilder schreckten auf, sie brannten in den Augen und faszinierten. Etwas wurde mir beim Betrachten klar. Seine Bilder sind keine selbstgefälligen Nachahmungen, sind immer hochgradige Abstraktionen. Überhaupt: Ist Kunst nicht immer «abstrakt», «Reduktion», «Verwesentlichung»?

Auf See
Reichenbach verlässt das kleine Binnenland Schweiz. Er wechselt sein Dasein, wird zum «Meer-Menschen». Drei Jahre lang. Auf die Malerei muss er verzichten. Die Winde zerzausen ihn, Wellen schlagen zu. Er muss sich an sein kleines Segelboot klammern, um vom Wasser und den Wellen nicht weggerissen zu werden. Seine Aufmerksamkeit gilt dem Phänomen der Ozeane, 30’000 Seemeilen (55’000km) legt er zurück. Er kennt auch die Südsee besonders gut, die Strömungen und die «Müllhalden»! Müll? Abfall? Jawohl. Die Verschmutzung der Meere ist weit fortgeschritten, gravierend, erschütternd. Reichenbach: «Da kommst du an eine unbewohnte Insel – und was ist das Erste, das du ungläubig am Strand findest …?»

Die Idee
«Die Wellen rollen unaufhaltsam. Und die Erde, wo rollt sie hin … ?» Wo die grossartige Idee geboren wurde, weiss ich nicht. Der Wille nämlich, zu kämpfen gegen den Abfall, die Verseuchung und Vergiftung der gesamten Meeresbiologie. Beginnen kann man oft im Leben, aber eine zündende Idee haben nur ganz Wenige. Ist Harald so einer? Ich meine ja. Die Idee heisst G-Cubes. Damit ich das selber verstehe, schreibe ich es jetzt ganz einfach auf: anfallender Meeresmüll in Würfel pressen und diese mit Kunstharz ausfüllen. Achtung: Diese Verarbeitung gilt nur für Würfel für künstlerische Werke. Der Traum von Harald Reichenbach: ein G-Cube -Monument von einem Kubikmeter errichten, welches in allen Museen der Welt gezeigt werden kann. Kantenlänge eines Würfels 10 Zentimeter. Das bedeutet 1000 Cubes für einen Kubikmeter.

Handeln
Auf seiner Weltumsegelung begegnete Harald Reichenbach Menschen, welche an der G-Cube-Idee sehr interessiert waren. Warum? Die Bewohner der Küsten haben nur die Möglichkeit, den Müll zu verbrennen, eine wirkliche schadstofffreie Vernichtung kennen sie nicht. Was tut Harald: Weltumspannend arbeitet er mit Schulklassen, Jugendlichen und Lehrern zusammen. Die Küste muss gereinigt werden, das Material zum Pressen der Würfel liefert Haralds Organisation. Mit den gewonnenen Cubes (ohne Kunstharz) kann in der Zukunft gebaut werden. So lebt das Projekt: Viele Menschen kooperieren. Der Plan ist notwendig, zeitgemäss und kreativ. Prinzip: denen helfen, die sich selber helfen können. Ist das nicht eine Perspektive?

Einer hat gesagt: «Wer staunt, stellt Fragen.» Das können Sie tun, an der Ausstellung von Harald Reichenbach.

Das Haus an der Marienstrasse, wo die Ausstellung beherbergt ist, wird übrigens umgebaut. Harald wird in Bern weiter arbeiten. Kunstmalerei und weitere Projekte. Welche wohl?

SIGI AMSTUTZ

Die Ausstellung kann noch am Freitag, 8. Oktober und Samstag, 9. Oktober jeweils von 14 bis 18 Uhr besucht werden, Ort: Marinenstrasse 8, 3005 Bern.

 


Image Title

1/10

Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Haben Sie noch kein Konto? Registrieren Sie sich hier

Ja. Ich benötige ein Abo.

Abo Angebote