Swiss Alpine Village auf Eis gelegt

  24.12.2021 Gemeinde, Tourismus, Wintersport, Saanen, Wirtschaft, Saanenmöser, Verkehr

Die Frutiger AG sistiert das Ferienresort Swiss Alpine Village. Für die Bergbahnen Destination Gstaad AG (BDG) und die Gemeinde kommt das nicht ganz überraschend.

BLANCA BURRI
Während bald zehn Jahren entwickelte die Frutiger AG in Saanenmöser das Ferienresort Swiss Alpine Village. Es sollte auf dem heutigen Parkplatz der Saanenerslochbahn realisiert werden. Nun teilt die Frutiger AG mit, dass sie das Projekt sistiert.

Trotz positiver Signale sistiert
In der Medienmitteilung vom vergangenen Montag schreibt die Frutiger AG: «Der Bau eines Ferienresorts sollte einen wesentlichen Beitrag zur Frequenzsteigerung der Bergbahnen leisten.» Neben den bewirtschafteten Wohnungen für Touristen sollten weitere Nutzungen wie zum Beispiel Wohnungen für Ortsansässige, ein Gesundheitszentrum und ein Hotelneubau auf der Nachbarparzelle das Konzept ergänzen und betriebliche Synergien schaffen, heisst es weiter. Erste Rückmeldungen von Investoren und Betreibern seien sehr positiv gewesen. Auch der Kanton hat das Infrastrukturprojekt als wichtig deklariert. Der Entwicklungsrichtplan wurde im vergangenen Frühjahr genehmigt.

Als Grund wird Masterplan Horneggli genannt
Als Sistierungsgrund nennt die Frutiger AG den Masterplan Horneggli, den die BDG im vergangenen September der Bevölkerung vorstellte. Darin sind die geplanten infrastrukturellen Entwicklungsschritte der BDG im Raum Horneggli festgehalten: Ersatzbahnen, grössere Speicherseen und Parking bei der neuen geplanten Talstation. Die Frutiger AG schreibt, die regionalpolitischen Absichten zeigten, dass nicht Saanenmöser, sondern Schönried als neuer Haupteinstiegsort ins Skigebiet priorisiert werde. Deshalb habe sie sich zur Sistierung entschieden: «Die Frutiger AG hat sich gemeinsam mit den Landeigentümern entschieden, die Kaufrechte für die Grundstücke in Saanenmöser nicht zu erneuern.» Die Frutiger AG erhoffe sich, dass die Gemeinde und die Bergbahnen das Brückenprojekt ohne die privaten Schnittstellen gezielter umsetzen könne.

Nicht ganz überraschend
«Die Ankündigung haben wir so nicht erwartet», sagt Gemeindepräsident Toni von Grünigen. «Allerdings gab es in den letzten Monaten Hinweise darauf, dass das Projekt mit weniger Energie vorangetrieben wurde als auch schon.» Die Gemeinde und die BDG wurden vergangene Woche mündlich informiert.

Die Gemeinde Saanen bedauert den Entscheid. «Das Projekt würde zusätzliche Logiernächte und Frequenzen für die Bergbahnen in unsere Region bringen», begründet Toni von Grünigen. Deshalb habe Saanen die Planung stets mitgetragen und unterstützt. Auch die BDG bedauert den Entscheid. «Für die BDG ist jedes bewirtschaftete Bett ein Segen», sagt Geschäftsführer Matthias In-Albon. Denn sie brauche eine gewisse Masse, damit die Infrastruktur finanziert werden könne. Deshalb hat sie beim Neubau der Saanersloch-Talstation darauf geachtet, so zu bauen, dass das Niveau auf die geplanten Neubauten (MOB und Resort) abgestimmt ist. Ebenfalls waren die Bergbahnen einverstanden, dass das Resort auf ihrem Parkplatz gebaut wird. Dieser gehört zwar Privatpersonen, sei aber raumplanerisch wie privatrechtlich abgesichert. Im Gegenzug wären der BDG wiederum gleich viele Parkplätze wie heute in der Einstellhalle zur Verfügung gestellt worden.

Begründung irritiert
Überrascht und irritiert ist Matthias In-Albon nicht von der Ankündigung, jedoch von der Begründung des Sistierungsentscheides: der Priorisierung des Einstiegsorts Schönried. «Der Masterplan Horneggli hat nichts mit dem Einstiegsort Saanenmöser zu tun», erklärt der Bergbahnenchef. Jedes Dorf habe Anspruch auf einen eigenen Einstiegsort und das sei auch wichtig, denn in Saanenmöser parkierten vor allem Tagesgäste aus dem Obersimmental und Zweisimmen, in Schönried aber Gäste und Einheimische aus Schönried, dem Saanenland und dem Pays-d’Enhaut. Als weiteres Argument für das Parkhaus in Schönried führt In-Albon den Neubau der Hornegglibahn auf. «Wenn wir die Bahn ersetzen wollen, müssen wir dem heutigen Standard entsprechende Parkplätze zur Verfügung stellen, weil wir vom Kanton sonst kein grünes Licht erhalten.»

Auch die Dorforganisation Saanenmöser kann sich mit der Begründung nicht anfreunden: «Ich betrachte beide Einstiege als gleichwertig», sagt Präsidentin Solveig Lanz.

Erschliessungsbrücke weiterverfolgen?
Wird mit der Sistierung der Resortplanung auch das Brückenprojekt vertagt? «In welcher Form dieser Entscheid die Erschliessung des Dorfes Saanenmöser und der Saanerslochbahn beeinflusst, kann ich zurzeit noch nicht sagen», teilt Gemeindepräsident Toni von Grünigen mit. Die Gemeinde habe diesbezüglich vorgängig keine Entscheide gefällt. Ist das Bedürfnis für die Brücke überhaupt vorhanden? «Die Brücke wäre etwas Gutes vor allem für den Tagesgast, kostet aber enorm viel Geld», sagt Matthias In-Albon. Das Bedürfnis müsse aus seiner Sicht vom Dorf Saanenmöser aufgezeigt werden. Durch die neue Erschliessung könnten laut In-Albon die Lebensqualität gehoben und der Dorfcharakter gestärkt werden. Dazu sagt die Dorforganisation Saanenmöser: «Für den klassischen Skigast wäre die Brücke klar eine Komfortsteigerung.» Solveig Lanz befürchtet jedoch, dass der Dorfladen dadurch Kunden verlieren würde, weil er nicht mehr an der Anfahrtsstrecke liegen würde. Da die Strassen nur während der Winterhochsaison überlastet seien, findet sie es nicht sinnvoll, die Infrastruktur nur auf die Spitzenzeiten auszurichten.


DAS WAR GEPLANT

Im Swiss Alpine Village waren 150 Appartements mit 600 Betten geplant. Das Resort wäre voraussichtlich mit einem Gastroangebot, einem Ski-in, einem Ski-out, einem Minishop sowie Fitness- und Wellnesscenter umgesetzt worden. Ebenfalls war eine Einstellhalle mit 900 Parkplätzen für das Resort und für die Bergbahnen vorgesehen. Das Projekt baute auf eine neue Erschliessung mit einer Brücke über die kleine Simme. Die Investitionskosten für das Resort waren auf 70,3 Millionen Franken, das Parkhaus auf 33,15 Millionen Franken und die Erschliessung auf 17,46 Millionen Franken veranschlagt.
Weitere Teilprojekte waren: Hotel Möserhof, Um- und Ausbau Bahnhof MOB sowie Neubau Talstation Saanerslochbahn (Letztere ist umgesetzt).


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