Ein farbenfroher Karneval in Paris

  14.06.2019 Gstaad, Kultur, Konzert, Bildung, Schule, Familie

2005 meinte die Affenfamilie, es sei schade, dass der «Karneval der Tiere» schon zu Ende sei und dass es einen solchen nun jedes Jahr geben müsse. Es hat gedauert, doch im September ist es endlich wieder so weit: Die Zootiere erwachen erneut zum Leben und werden im Rahmen des Kinder- und Familienkonzerts über die Festivalbühne tanzen.

KERSTIN BÜTSCHI
Im noch leeren Festivalzelt wirkt noch alles unscheinbar, nur ein schwarzes Bühnenbild und ein paar herumstehende Kartonkisten stechen ins Auge. Doch regelmässig am Freitag proben hier 30 Primarschüler/innen mit Margrith Gimmel für die erneute Aufführung des «Karneval der Tiere» von Camille Saint-Saëns. «Ich war lange unsicher, welches Stück wir zum diesjährigen Festivalmotto ‹Paris› aufführen könnten, bis Intendant Christoph Müller meinte, dass der ‹Karneval der Tiere› sich gut eignen würde», erklärte Margrith Gimmel. Weil «Paris» das Motto des diesjährigen Festivals ist, schlug er vor, den Karneval noch einmal zu spielen. Eine weitere grosse Frage blieb bestehen: Wer würde in die Fusstapfen des verstorbenen Jörg Schneider treten und die Geschichte lesen? Die Antwort war schnell gefunden: «Zur Auswahl stand unter anderen Sarah Luisa Iseli, die bereits 2005 als Affenkind auf der Bühne tanzte, und zu meiner grossen Freude war sie die Favoritin der Verantwortlichen des Festivals», erzählte Gimmel. «Für mich ist es eine grosse Ehre, in die Fussstapfen von Jörg Schneider zu treten und wieder auf die Festivalbühne zurückzukehren», so Sarah Luisa Iseli. Die Kartons mit den Kostümen waren schnell ausgepackt. Im an die Festivalbühne anliegenden Raum baute sich Jacques Gimmel ein Atelier auf und begann sogleich mit der Reparatur einiger Kostüme sowie deren Überarbeitung und Anpassung an die Kinder. Es sind Kostüme für ein oder zwei Kinder, Stabpuppen oder Marionetten. Die Mehrheit der Tierfiguren sind noch jene von Andrea Wolfskämpf.

«Dieses Jahr haben die Kinder neue Ideen eingebracht. Entsprechend haben wir dann auch den Text und die Figuren angepasst. Besonders schön finde ich, dass sie sogar die Choreografien selber entwickelt haben», sagte Margrith Gimmel nach einer gelungenen Probe.

In Erinnerungen schwelgend
An die Zeiten im Festivalzelt kann sich Sarah Luisa Iseli noch gut erinnern: «Ich kann mich gut in die jetzigen Kinder einfühlen, als wäre ich erst gestern auf dieser Bühne ein Affenkind gewesen.» In Erinnerungen schwelgend sagt sie bestimmt: «Jedes Mal, wenn ich das Zelt betrete, denke ich, dass dieser Ort der Ursprung meiner heutigen Schauspiel- und Gesangstätigkeit ist.» Die Kinderoper «Pollicino» sei ein wichtiger Schlüsselmoment gewesen. «In diesem Stück hat sich mein Wunsch, spä- ter einmal regelmässig auf der Bühne zu stehen, eingebrannt.» Beim diesjährigen «Karneval der Tiere» sehe sie sich jedoch nur als Unterstützerin. «Die Kinder stehen im Fokus und ich biete mit der Geschichte nur den Rahmen, damit sie in Aktion treten können.»

Ein weiteres Highlight ist auch, dass Cédric Gyger am Xylofon im Orchester mitspielen wird. «Auch er war bereits als Jugendlicher im Orcherster mit dabei», erinnert sich Margrith Gimmel.

Einige Neuerungen
Um dem Motto «Paris» gerecht zu werden, musste das Stück teilweise adaptiert werden. «Sarah wird als ‹Parisienne› durch einen Park spazieren und ein Orchester – ein Ensemble des Gstaad Festival Orchestra, geleitet von Roumen Kroumov – entdecken, deren Instrumente sie vorstellt. Dann, so haben es die Kinder bestimmt, wird ihr Hund die Tiere entdecken, die ihren eigenen Karneval feiern», verriet Gimmel. Sarah Luisa Iseli werde malend im Park sitzen und die Geschichte erzählen. «Momentan fehlt noch der Eiffelturm, aber er ist in Produktion», scherzte Margrith Gimmel.

Auch im Stück gibt es ein paar Änderungen. Bevor beispielsweise die Fische ihre besten Schwünge zeigen, zwackt ein Krebs dem sich nähernden Schiff den Angelhaken ab und meint dazu: «Ça ne va pas du tout.» Sarah Luisa Iseli hat zudem den Text ins Berndeutsche übersetzt.

Tüfteln im Schwarzlicht
«Das Schöne am Schwarzlicht ist, dass es dem Publikum eine neue Welt eröffnet», meint Sarah Luisa Iseli. Alle Tierfiguren sind mit fluoreszierender Farbe bemalt und leuchten im Schwarzlicht. Die Kinder, die die Figuren bewegen, sind dagegen schwarz angezogen und werden unsichtbar. Doch die Arbeit mit dem UV-Licht ist komplex. «Ich weiss beispielsweise nie, wo sich wer befindet und wer nun in welchem Kostüm steckt», lachte Gimmel. «Die Kinder tragen so eine umso grössere Verantwortung.» Zudem müssen die Höhen und Tiefen der Bühne gut ausgefüllt werden, sodass sich die Figuren nicht verdecken und im schlimmsten Fall sogar die schwarzgekleidete Person dahinter beleuchten. Genau an solchen Details muss lange gearbeitet werden, doch man gewöhnt sich immer mehr an das Licht. Ein Highlight für Margrith Gimmel ist es auch, mit allen möglichen Farben arbeiten zu können. «Ich musste jedoch erkennen, dass ‹weiss› unter dem Schwarzlicht nicht ‹weiss› bedeutet», meinte sie lachend. Jede Farbe wirke anders und es sei ein stetiges Tüfteln. Schmunzelnd fügte sie hinzu: «Nach den Sommerferien gilt für die Eltern Waschverbot der schwarzen Kleidung.» Die unterschiedlichen Waschmittel und Weichspüler würden die Kleidung teilweise im Schwarzlicht zum Leuchten bringen. «Wir haben 2005 gelacht, als wir dies herausgefunden haben.»

«Wir sind auf gutem Weg»
«Es freut mich sehr, dass wieder 30 Schüler/innen aus dem Saanenland beim Stück mitmachen und wir alle 107 Rollen verteilen konnten, denn jedes Kind spielt mehrere Tiere», sagte Margrith Gimmel. Es ist eine bunt durchmischte Gruppe, mit der sie gerne zusammen probt und Neues kreiert. Auch bei den Kindern war die Freude spürbar. Im Tenor tönte es: «Die Proben machen sehr Spass und die Kostüme sind mega cool!» Es sei manchmal schon stressig, hinter der Bühne in kürzester Zeit die Kostüme zu wechseln – und entsprechend heiss, aber die Vorfreude auf den grossen Tag sei gross, meinten die Kinder. «Wir sind auf gutem Weg, aber wie immer gibt es nichtsdestotrotz noch viel zu tun», meinte Gimmel.

Am 4. September ist es dann so weit: Die Tiere putzen sich heraus und der «Karneval der Tiere» beginnt.

Weitere Informationen und Tickets unter https:// www.gstaadmenuhinfestival.ch/de/programmand-tickets/konzerte-2019/discovery-04-09-19


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