«E Jutz, es Liedli fer Härz u Gmüet»
06.03.2023 , Konzert, Musik, Tradition, BrauchtumDieser Liedtitel von Jakob Ummel drückte aus, was die Besucherinnen und Besucher des Konzert- und Theaternachmittags am vergangenen Sonntag empfanden: Bei urchiger Jodlerkost und witzigen Theaterszenen auf der Landhausbühne liess es sich gut abschalten, die Alltagssorgen ein ...
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Abo AngeboteDieser Liedtitel von Jakob Ummel drückte aus, was die Besucherinnen und Besucher des Konzert- und Theaternachmittags am vergangenen Sonntag empfanden: Bei urchiger Jodlerkost und witzigen Theaterszenen auf der Landhausbühne liess es sich gut abschalten, die Alltagssorgen ein wenig vergessen und dabei herzhaft lachen.
VRENI MÜLLENER
Die Sänger des organisierenden Jodlerklubs «Bärgfriede» Gstaad scheuten keinen Aufwand, den vielen Besuchern einen geselligen Nachmittag zu bescheren. Mit stimmig vorgetragenen Jodelliedern und Naturjutzen eröffneten die Jodler unter der Leitung von Jürg Domke die Unterhaltung. In andächtiger Stille lauschte das Publikum dem Lied «Abezyt uf ünsne Bärge» von Hannes Fuhrer. Mit dem Naturjutz «Dr Wägbegleiter» von Adrian Ettlin landeten die circa 22 Männerstimmen in den Herzen des Publikums. Die «Kummerbuben Saanenland» doppelten nach und sangen von der «Nachtbuebesunne», wie sie im Lied «Im Mondschin» von Jakob Ummel beschrieben ist. Auf die «Hochjagd» gings mit dem gleichnamigen Naturjutz aus der Feder von Walter Wiedmer. Im zweiten, aber vor allem im dritten Teil war die unverkennbare Leichtigkeit der Wiedmer-Kompositionen aus dem Diemtigtal zu erkennen. Unter der Regie von Patricia von Grünigen und Alice Hefti bot die Theatergruppe eine gute Stunde köstliche Unterhaltung. Routinierte Theaterspieler und Neulinge liessen sich einmal mehr zu einer Einheit zusammenschweissen, wie es diese intensive Zusammenarbeit mit sich bringt. Bestimmt bereiteten die lustigen Wendungen und Pointen schon beim Üben viel Spass und versprachen fröhliche Unterhaltung für die Aufführungen.
Der Sinneswandel im Hause Hurschler
Das Geschäft der Erbengemeinschaft «Metzgerei Hurschler» wird von den Gebrüdern Remo (Michael Bütschi) und Willi (Dominik Kübli) weniger ernst genommen als von ihrer älteren Schwester Berta (Petra Schläppi), welche das Szepter mit strenger Hand führt. Bertas Herrschsüchtigkeit macht die Brüder zu faulen, uninteressierten Bürgern und Heiratsmuffeln. Um eine Unterstützung für die Arbeit im Betrieb zu bekommen, sollen sich die beiden Brüder Frauen suchen. Sofie (Esther Bütschi) weiss Rat und möchte ihre Nichte Lotti (Martina Kübli) als mögliche Heiratskandidatin einschleusen. Unverhofft taucht noch Gabi (Andrea Schär) auf, um ihren Chat-Freund Remo persönlich kennenzulernen. Was es braucht, um den schiefen Haussegen wieder gerade zu biegen, und welche Rolle der Metzger Lukas (Ruedi Hefti) und Bertas Ex-Mann, Carlo (Cedric Yersin), für eine Rolle spielen, erfährt man am besten, wenn man sich das Stück selber ansieht.
Nach dem Lied «Früehligswunder» von Jürg Domke und dem «Alphornjutz» leitete der Klub zum noch gemütlicheren Teil über. Im Handumdrehen wurden Tische und Stühle bereitgestellt – das leibliche Wohl sollte nicht zu kurz kommen. Ein Torten- und Kuchenbuffet aus den Händen der vielen Jodlerfrauen liess keine Wünsche offen und zusammen mit Kaffee oder anderen Durstlöschern ergab sich noch manches interessante Gespräch. Diese Form von Konzert- und Theaternachmittagen erfreut sich grosser Beliebtheit. Viele Kinder kamen, um ihren Papa, ihr Grossmuetti oder ihren Grosspapa auf der Bühne zu bestaunen, und eine grosse Schar junggebliebener Freunde der Jodelszene beehrten den «Bärgfriede» mit ihrem Besuch.
Als die Jodler noch einmal auf der Bühne zusammenstanden, verstummten auch die angeregtesten Gespräche und lauschende Zuhörer schenkten den anspruchsvollen Jodelklängen die nötige Aufmerksamkeit.
Am Mittwoch, 8. März und am Samstag, 11. März jeweils um 20.15 Uhr finden zwei weitere Aufführungen im Landhaus Saanen statt.
«Ich lerne am besten in der Badewanne auswendig»
INTERVIEW: VRENI MÜLLENER
Wie oft sind Sie schon für den Jodlerklub auf der Theaterbühne gestanden?
Esther Bütschi (EB): Es dürften etwa 30 Mal sein, einmal habe ich nicht mitgespielt und in den letzten Jahren hatten wir ja eine Zwangspause.
Ruedi Hefti (RH): Ich spielte ca. 30 Mal mit.
Petra Schläppi (PS): Ich bin etwa 25 Mal für den Jodlerklub auf der Theaterbühne gestanden.
Was bedeutet Ihnen dieses Hobby?
EB: Die Kameradschaft bedeutet mir sehr viel. Es ist eine Lebensschule, die ich nicht missen möchte. Ich erlebte verschiedene Regisseure/innen und es kam auch vor, dass ich zu schweigen hatte, auch wenn ich mit einer anderen Meinung nicht einverstanden war – das muss man auch können.
RH: Es ist ein wunderbarer Ausgleich zum Arbeitsalltag. Ich liebe lustige Stücke, es macht mir Freude, die Besucher zu unterhalten. In der Gruppe ein Stück zu erarbeiten, macht grossen Spass.
PS: Die Herausforderung, in eine andere Rolle zu schlüpfen und eine ganz andere Person zu verkörpern, reizt mich. Auch wie man mit den Mitspielern in relativ kurzer Zeit ein Stück erarbeitet, ist jedes Mal eine wahre Freude. Der Zusammenhalt in der Gruppe ist immer bereichernd und amüsant.
Welches war Ihre spannendste oder herausforderndste Rolle während all den Jahren?
EB: In guter Erinnerung ist mir die spezielle Rolle, die ich in «d’Waschliwiber» spielen durfte.
RH: Meine speziellste Rolle spielte ich nicht für den Jodlerklub. Als «Schwarzer Steff» im Freilichttheater verkörperte ich eine Person, die das pure Gegenteil von mir war, das war sehr herausfordernd. Als meine Frau das erste Mal in der Regie mitmachte, spielten wir «d’Waschliwiber», das ist mir noch in guter Erinnerung.
PS: Die Rolle als Marie Wäckerli im Stück «Ds Härz äm rächte Fläck», gespielt im Jahr 1995. Das war meine grösste Rolle, die ich je gespielt habe.
Haben Sie einen Trick auf Lager, um die Texte und Einsätze (auch Ü50) innert nützlicher Frist auswendig zu lernen?
EB: Ich lege das Theaterheft jeweils auf die Abstellfläche in der Küche und lerne bei der Hausarbeit. Wenn der Text einigermassen sitzt, spreche ich ihn für mich auf einem Spaziergang, um Sicherheit zu bekommen. Die Einsätze zu kennen ergibt sich jeweils während den Proben, zusammen mit den anderen Spielern.
RH: Als ich noch jünger war, ging das noch «ringer». Ich lerne am effizientesten unter der Dusche oder in der Badewanne. Ich habe eine besondere Vorrichtung, um das Theaterbüchlein zu fixieren, ohne dass es Schaden nimmt.
PS: Ich lerne am Besten in der Badewanne auswendig.
Wie würden sie jüngere Vereinsmitglieder motivieren, um ins Laientheater einzusteigen?
EB: Die Kameradschaft und der Zusammenhalt im Verein sind wertvoll. Wenn das Erhalten der Theatertradition zur Herzensangelegenheit wird, rückt die Belastung des Zeitaufwandes in den Hintergrund. Die Freude, die man an den Aufführungen verbreiten kann, ist eine grosse Motivation.
RH: In einem gut funktionierenden Team etwas zu erarbeiten, ist sehr bereichernd. Der Ausspruch «ich kann nicht Theater spielen» stimmt meistens nicht – man muss es ausprobieren und dann wird sehr vieles möglich.
PS: Der Klub hat das Glück, junge Jodler in seinen Reihen zu haben. Der eine oder die andere wird an einem geselligen Anlass motiviert, auch einmal Teil dieser Gruppe zu werden.
Was ich noch gerne gesagt hätte …
EB: Das Theaterspielen ist für mich eine wunderschöne Freizeitbeschäftigung, die ich zusammen mit meinem Mann ausüben kann. Wenn die intensiven Wochen hinter uns sind, sind wir zugegebenermassen erleichtert und empfinden die Zeit danach fast wie die Kinder die Schulferien.
RH: Ich mag die Bezeichnung «Hauptrolle» nicht so. Es braucht jede einzelne Person, damit das Ganze funktioniert. Wenn es dann so weit ist, ist es wahnsinnig schön, die Zuschauer zu begeistern. Der Zeitaufwand ist dann schnell vergessen.
PS: Ich bin dankbar, dass ich dieses Hobby mit so vielen Menschen teilen darf. Es ist mir stets eine Freude, mit dem Publikum zu spielen und den Besuchern eine Freude zu bereiten.