Grosser Rückhalt für die Bergbahnen

  11.06.2022 Saanen, Politik, Volkswirtschaft, Tourismus, Saanenland, Destination

Die Gemeindeversammlung genehmigte alle vier Traktanden diskussionslos und mit deutlich über 90 Prozent Ja-Stimmen. Insgesamt bewilligten die 224 Anwesenden am Freitagabend gut 55 Millionen Franken.

ANITA MOSER
Die Gemeindebehörden haben mit einer hohen Stimmbeteiligung gerechnet, deshalb hat man die Tennishalle als Versammlungsort gewählt. Mit 224 Stimmberechtigten (5,63 Prozent der stimmberechtigten Bevölkerung) lag die Teilnahme zwar über dem Durchschnitt, aber doch unter den Erwartungen.

Keine Diskussion zur Jahresrechnung
Mit 215 Ja- gegen 3 Nein-Stimmen genehmigten die 224 anwesenden Stimmberechtigten die von Gemeinderat Nathanael Perreten erläuterte Jahresrechnung, die mit einem Ertragsüberschuss von 3,85 Millionen Franken abschliesst. Budgetiert war ein Defizit von 3,42 Millionen Franken.

Einerseits lag der Personalaufwand um 0,75 Millionen Franken tiefer als budgetiert. «Die Gemeinde Saanen konnte rund sieben Vollzeitstellen nicht besetzen und auf der Bauverwaltung gibt es immer noch vakante Stellen», erklärte Perreten. Der Steuerertrag fiel um vier Millionen höher aus als budgetiert. Hingegen konnte oder durfte man nicht so viel investieren wie geplant und gewollt, wie sich Perreten ausdrückte.

36 Millionen für die BDG
Mit Spannung erwartete man die Abstimmung über die Bewilligung von Investitionsbeiträgen für die Bergbahnen Destination Gstaad AG. Gemeinderat Nathanel Perreten erläuterte das Begehren. Die BDG plant eine neue Gondelbahn Schönried–Horneggli– Hornberg (Ersatz der Sesselbahn mit Baujahr 1984), ein neues Parkhaus mit 500 Parkplätzen, eine neue Sesselbahn Saanenwald–Hornfluh (Ersatz Sesselbahn Baujahr 1986) sowie die Vergrösserung des Speichersees auf dem Hornberg für die Beschneiung des Skigebietes Schönried–Saanenmöser. Die Gesamtkosten der Projekte belaufen sich auf ca. 90 Millionen Franken. Die BDG will 51 Prozent selber finanzieren, neun Prozent sollen über die weiteren Gemeinden und über Gelder von Bund und Kanton eingebracht werden. Die Gemeindeversammlung hatte über einen Anteil von 40 Prozent, maximal 36 Millionen Franken, abzustimmen. Die Ausrichtung der Gelder ist an verschiedene Bedingungen geknüpft (siehe Protokoll Seiten 12 und 13).

Die SP wollte ursprünglich über eine weitere Bedingung abstimmen lassen. Die Anlagen am Rellerli müssten erst zurückgebaut werden, bevor Geld fliesse und man auf der gegenüberliegenden Seite mit dem Bau beginne. Die Gemeindebehörde habe diesem Antrag nicht stattgegeben, sie sehe dieses Anliegen nicht in der Kompetenz der Gemeinde, bedauerte Martin Hefti, Präsident der SP Saanenland. Positiv sei, dass die BDG signalisiert habe, dass noch diesen Herbst oder nächsten Frühling mit dem Rückbau begonnen werde – sofern die Baubewilligung dafür vorliege. Die BDG wolle schon seit vier Jahren zurückbauen und die Kosten dafür seien bereits zurückgestellt, erklärte VR-Präsident Heinz Brand. Für den Rückbau benötige man eine Baubewilligung und die könne nur eingegeben werden, wenn alle Beteiligten unterschrieben haben. Die BDG habe an verschiedenen Orten – Wispile, Videmanette – bereits zurückgebaut oder man sei daran, so Brand weiter. Das Baugesuch für den Rückbau der Sesselbahn St. Stephan– Längenbrand laufe und voraussichtlich werde man noch diesen Herbst oder im Frühling mit dem Rückbau beginnen. Er hege zwar Sympathie für das Anliegen der SP, so Brand. «Aber es liegt nicht am Willen der BDG, dass nicht zurückgebaut wird.» Auch er störe sich an den Altlasten. Aber trotzdem sollte man der BDG nicht zusätzliche Hürden auferlegen. «Die BDG muss vorwärts schauen», sagte Heinz Brand.

Er stelle das Traktandum nicht in Frage, die Investition in neue Bahnen sei unbestritten, die Dimension des neuen Parkhauses mit 500 Parkplätzen für vielleicht 20 Tage im Jahr sei jedoch viel zu gross, betonte Marcel Bach. Er stellte den Zusatzantrag, es sei zu prüfen, die Anzahl Parkplätze auf 250 zu limitieren.

Viele der Parkplätze in Schönried seien nicht länger tragbar und zum Teil nicht zonenkonform, antwortete Heinz Brand. Bis anhin verfüge die BDG in Schönried über rund 700 Parkplätze. Man brauche diese Anzahl Parkplätze auch in Zukunft. «Man benötigt hier einen Parkplatznachweis für einen Drittel der Frequenzen pro Stunde.» Bei einer Frequenz von 2200 Personen pro Stunde bedeute das 700 Parkplätze. «Ohne Bereinigung des Parkplatzproblemes kann der Bewilligungsprozess nicht weitergeführt werden», betonte Heinz Brand. Parkplätze brauche es aber nicht nur während wenigen Wochen im Winter, widersprach er dem Argument von Antragsteller Marcel Bach. Im Winter sei der Parkplatz während sechs Wochen sehr gut ausgelastet und an den Weekends während drei Monaten. «Und im Sommer benötigen wir künftig mehr Parkplätze, das Horneggli soll zu einem Ganzjahresberg werden.»

96 Prozent Zustimmung für den BDG-Kredit
Mit 213 zu 9 Stimmen bewilligte die Versammlung den Investitionsbeitrag von 36 Millionen Franken an die Neuund Ersatzbauten im Gebiet Horneggli. Zuvor wurde der Zusatzantrag von Marcel Bach mit 182 gegen 37 Stimmen abgelehnt.

Mit 212 Ja- gegen 8 Nein-Stimmen genehmigte die Versammlung auch die jährlichen Gemeindebeiträge an die BDG AG von total 3,8 Millionen Franken pro Jahr für die Jahre 2023 bis 2026. Mit ein Grund für dieses deutliche Resultat war wohl vor allem auch die Abgabe von Gratisjahreskarten für einheimische Kinder zwischen 6- bis und mit 15-jährig. Viele Kinder hätten aus finanziellen Gründen kein Saisonabonnement mehr, würden dementsprechend auch nicht mehr Ski fahren, erklärte Gemeinderat Nathanael Perreten. Dem wolle man Gegensteuer geben. «Wir haben eine grosse Investition in die Zukunft gemacht. Es wäre nun auch wirklich sinnvoll, wenn unsere Kinder Skifahren lernen und auch jene, die es sich aus finanziellen Gründen nicht leisten können, eine Chance bekommen, es zu erlernen.»

Die Jahreskarten sind gültig ab nächstem Winter 2022/23 bis und mit Sommer 2026. Die Jahreskarten M sind im Winter gültig auf den Anlagen der BDG AG, Wasserngrat, Heiti und Lauenen und im Sommer auf den Anlagen der BDG AG, Wasserngrat und Sanetsch. Neben dieser zusätzlichen Leistung sind die Beiträge an weitere Leistungen geknüpft wie zum Beispiel verlängerte Öffnungszeiten im Frühling und Herbst. Von Anfang Mai bis Mitte Juni muss eine Bahn im Gebiet der Gemeinde Saanen (Betrieb an Wochenenden und Feiertagen, inkl. Brücken von Feiertagen) geöffnet sein und von Mitte bis Ende Oktober eine Bahn im Gebiet der Gemeinde Saanen jeweils von Donnerstag bis Sonntag. Welche Bahn geöffnet hat, entscheidet die BDG.

Ja zum Kredit für die Entwässerungsmassnahmen
Im Unter-Gstaad – Überbauungen Mille Fleurs und Bellevue – sind verschiedene private Bauvorhaben geplant. Bevor mit den Bauarbeiten begonnen wird, müssen auf diesen Grundstücken Kanalisationsleitungen verlegt sowie vergrössert werden. Die Kosten werden von der Gemeinde vorfinanziert, die effektiven Kosten werden den Bauherrschaften nach Abschluss der Arbeiten in Rechnung gestellt, erklärte Gemeinderat Klaus Romang. Mit 209 Ja- gegen 9 Nein-Stimmen genehmigte die Versammlung schliesslich auch die beantragten 4,1 Millionen Franken für die Umsetzung von GEP-Massnahmen im Unter-Gstaad. Der Zeitplan ist sehr ambitioniert: Noch im September soll mit dem Bau begonnen werden.

Grosse Erleichterung bei den BDG-Verantwortlichen
Mit grosser Erleichterung und Dankbarkeit – und überwältigt von der hohen Zustimmung – nahmen die Bergbahnen-Verantwortlichen die eindeutigen Resultate zur Kenntnis. Während bei Matthias In-Albon (Geschäftsführer der BDG) der Puls vor und während den Abstimmungen in die Höhe schnellte, konnte VR-Präsident Heinz Brand seine Emotionen nicht verbergen. Gerührt und mit Tränen in den Augen bedankte er sich bei den Anwesenden für das der BDG entgegengebrachte Vertrauen.

Zum ersten Mal elektronisch abgestimmt
An der Versammlung vom Freitagabend wurde zum ersten Mal elektronisch und damit geheim abgestimmt. Das neue Abstimmungsverfahren wurde zwar bereits an der Versammlung vom 13. September 2019 genehmigt, wegen der Corona-Pandemie fand in den letzten eineinhalb Jahren jedoch keine physische Gemeindeversammlung statt. Deshalb war man am Freitagabend sehr gespannt. Die Technik funktionierte aber einwandfrei. Die Resultate – die Prozentzahl bis auf zwei Stellen nach dem Komma – wurden kurz nach der Abstimmung aufgeschaltet. Was auffiel: Im Vergleich zu bisherigen Versammlungen mit «brisanten» Traktanden enthielten sich nur wenige Anwesende der Stimme. Ein durchaus positiver Aspekt.


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